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Ein Zwischenruf

Trommeln und Tanzen – ist dies der Geist, der interkulturellen Veranstaltungen innewohnt?

Sind Trommeln und Tanzen der Geist der vielen interkulturellen Veranstaltungen, wie Liriam Sponholz kritisch anmerkt? Günter Burkhardt und Friederike Ekol können das nicht nachvollziehen; sie haben die "Interkulturelle Woche 2014" evaluiert:

Von Burkhardt, Ekol Dienstag, 04.11.2014, 8:23 Uhr|zuletzt aktualisiert: Mittwoch, 05.11.2014, 17:47 Uhr Lesedauer: 4 Minuten  |  

Mit weit mehr als 4.000 Veranstaltungen hat in mehr als 550 Städten und Gemeinden im ganzen Bundesgebiet die Interkulturelle Woche 2014 stattgefunden. Wo lagen ihre Schwerpunkte, was waren die Themen, welches die Aktionsformen was wurde erreicht? Trommeln und Tanzen – ist dies der Geist, der vielen interkulturellen Veranstaltungen innewohnt? Die Evaluation der Interkulturellen Woche 2014 ergibt ein anderes Bild.

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Das dominierende Thema der diesjährigen Interkulturellen Woche war die Aufnahme und das Zusammenleben mit Asylsuchenden und Flüchtlingen. Deutschland ist gegenwärtig geprägt von einer großen Solidarität mit Asylsuchenden. An fast allen Orten, in denen Flüchtlinge ankommen, werden sie willkommen geheißen. Gleichzeitig gibt es Vorbehalte. Proteste werden oft organisiert und initiiert von rechten und rechtspopulistischen Gruppierungen, die versuchen, Unsicherheiten zu instrumentalisieren und Ängste zu schüren.

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Was hier hilft, das ist seit fast 40 Jahren das Erfolgsrezept der Interkulturellen Woche: Begegnungen bauen Vorurteile ab! Wer die bzw. den Anderen kennt, sie und ihn als Mensch wahrnimmt, entwickelt Verständnis. Wenn aber Flüchtlinge isoliert, zusammengepfercht und abgeschottet in Sammelunterkünften leben müssen, ohne Kontakt zu der hier lebenden Bevölkerung zu haben, so fördert dies Ressentiments und Vorurteile.

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Vor diesem Hintergrund fordern und fördern Kirchen und Verbände und Initiativen eine dezentrale Unterbringung, um möglichst viele Kontakte zwischen Asylsuchenden und hier Lebenden zu ermöglichen. Das Engagement in der Interkulturellen Woche ist oft nur die der Anfang – ein Anstoß, dem weitere folgen. Fachveranstaltungen zu flüchtlingspolitischen Themen stehen in der Interkulturellen Woche neben gemeinsamen Festen, Sportveranstaltungen, Gottesdiensten und Veranstaltungen in Kirchengemeinden. Veranstaltungen werden zunehmend mit Betroffenen organisiert, statt über sie zu sprechen.

Angesichts der Zuspitzung der innenpolitischen Debatten bewegen wir uns hierzulande auf dünnem Eis. Die Ablehnung von Asylsuchenden, Roma und Menschen muslimischen Glaubens wechselt periodisch. Gerade im Moment muss die Migrationsgesellschaft verkraften, dass der Terror der IS als Vehikel für antimuslimische Ressentiments dient. Ängste, die durch die aktuelle Nachrichtenlage entstehen, werden instrumentalisiert und gegen die muslimische Bevölkerung gewendet.

Es war ein eindeutiges Signal, das deutlich gehört wurde, als tausende Muslime in bundesweit 2000 Moschee-Gemeinden kurz vor Beginn der Interkulturellen Woche unter dem Motto „Muslime stehen auf gegen Hass und Unrecht“ teilnahmen. Im Rahmen der Interkulturellen Woche wurde in hunderten von interreligiösen Veranstaltungen das Kennenlernen und der Austausch ermöglicht und so ein Beitrag zum gesellschaftlichen Frieden geleistet. Der Tag der offenen Moschee, der bundesweit am 3. Oktober begangen wird, ist fester Bestandteil der Interkulturellen Woche.

Dies waren nur zwei der zentralen Themen der diesjährigen Interkulturellen Woche, die in Bibliotheken, Stadthallen, Kirchen, Moscheen, Synagogen, Schulen, Asylunterkünften, Theatern, Kindergärten, Kinos, Seniorenstiften, Rathäusern, Buchhandlungen und an vielen anderen Orten stattfand.

Die Interkulturelle Woche wird von lokalen und überregionalen Medien aufgegriffen. Erklärtes Ziel ist es, sichtbar zu machen, wie viel positive Impulse aus der Migrationsgesellschaft heraus entstehen und der defizitorientierten, negativen Berichterstattung in den Medien etwas entgegen zu setzen. Mit dreieinhalbtausend Berichten wirkt diese Veranstaltungsreihe, die für eine offene Gesellschaft eintritt, bundesweit in die Medienlandschaft.

Unter der Schirmherrschaft von Bürgermeisterinnen oder Landräten findet die Interkulturelle Woche seit vielen Jahren vor Ort statt. In den Grußworten der Programme beziehen die Genannten Position zum Motto der Interkulturellen Woche und zu migrationspolitischen Themen, die lokal relevant sind. Auch dies trägt dazu bei, positive Identifikation mit der Migrationsgesellschaft zu ermöglichen und migrationspolitische Themen in der Stadtgesellschaft zu positionieren.

Die Schwerpunkte variieren von Ort zu Ort. Bewusst gibt der bundesweite Ökumenische Vorbereitungsausschuss zur Interkulturellen Woche nicht vor, in welcher Form die lokalen Veranstaltungen zu konzeptionieren sind. Und selbstverständlich gibt es auch eine Vielzahl von Veranstaltungen, in deren Rahmen versucht wird, Menschen mit einem niedrigschwelligen Angebot für interkulturelle Themen zu interessieren.

Die Diskussionen darüber, welche aktuellen politischen Debatten zu führen sind, welche Forderungen gestellt werden müssen und wie das friedliche Zusammenleben in der Migrationsgesellschaft gestaltet werden kann, entwickeln sich am jeweiligen Motto der Interkulturellen Woche: „Gemeinsamkeiten finden, Unterschiede feiern“.

Das Motto der diesjährigen Interkulturellen Woche geht davon aus, dass in der Migrationsgesellschaft Gemeinsamkeiten nicht vorausgesetzt werden können, sie müssen vielmehr gesucht und können gefunden werden. Menschen mit unterschiedlicher Biographie, Herkunft, kultureller und religiöser Prägung, mit unterschiedlichen Vorstellungen von einem guten und gelungenen Leben treffen aufeinander, streiten miteinander, lernen voneinander und feiern gemeinsam. Dazu dient die Interkulturelle Woche.

„Gemeinsamkeiten finden“ bedeutet nicht, dass am Ende alle gleich und verwechselbar sind. Unterschiede bleiben, sollen bleiben. Sie können irritieren, aber sie machen auch neugierig, sie bereichern und regen zur Auseinandersetzung an, sie können überraschen und neue Perspektiven bieten. Das kann und darf auch Spaß machen.

Gerne diskutieren wir darüber, welchen Beitrag die Interkulturelle Woche hier leisten kann und wo ihre Grenzen sind. Aktuell Feuilleton Meinung

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