Dringlichkeitskatalog des SVR
Handlungsempfehlungen für die neue Regierungskoalition
Der Sachverständigenrat deutscher Stiftungen für Integration und Migration (SVR) empfiehlt der neuen Bundesregierung einen Dringlichkeitskatalog für die Integrations- und Migrationspolitik. Im Zentrum stehen die Auswahl von Zuwanderern, Einbürgerung und humanitäre Belange.
Dienstag, 06.10.2009, 8:26 Uhr|zuletzt aktualisiert: Samstag, 21.08.2010, 15:35 Uhr Lesedauer: 3 Minuten |
Neues Steuerungssystem für Zuwanderung
„Qualifikationsoffensive und bedarfsorientierte Zuwanderung sind zwei Seiten der gleichen Medaille“, erklärte der SVR-Vorsitzende Prof. Dr. Klaus J. Bade. Der SVR empfiehlt, für die Zeit der Erholung nach der Wirtschaftskrise ein neues Steuerungssystem für Zuwanderung vorzubereiten, getragen von drei Säulen: einem Punktesystem mit Qualitätskriterien für die Auswahl von Zuwanderern (1. Säule), einer damit verschränkten Engpassanalyse mit Bonuspunkten für die Zulassung von am inländischen Arbeitsmarkt vergeblich gesuchten Fachkräften (2. Säule) sowie in Fällen besonderer Dringlichkeit einer Akutsteuerung über eine Zuwanderungsabgabe für Arbeitgeber (3. Säule). Über diese Abgabe können Arbeitgeber kurzfristig und unbürokratisch ausländische Fachkräfte auch direkt gewinnen. Der Ertrag soll einem Qualifikationsfonds für Arbeitskräfte in Deutschland zugute kommen.
Aussetzung der Optionspflicht im Staatsangehörigkeitsrecht
Zur Abhilfe gegen sinkende Einbürgerungszahlen empfiehlt der SVR eine intensive die Bundes-, Länder- und kommunale Ebene übergreifende Werbung für den Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit. „Ausländische Staatsangehörigkeit darf in der demokratischen Einwanderungsgesellschaft nicht zur Familientradition werden. Wir brauchen Einwanderer mit Bürgerrechten und Bürgerpflichten“, erläuterte Bade. Der SVR fordert weiter, die Optionspflicht für fünf Jahre auszusetzen und bei den davon Betroffenen auf Wunsch die doppelte Staatsangehörigkeit hinzunehmen. Bis zum Ende der Übergangsfrist müsse eine Novellierung des Staatsangehörigkeitsrechts erfolgen, die „einer demokratischen Einwanderungsgesellschaft würdig“ ist. Weiter empfiehlt der SVR eine „Turbo-Einbürgerung“ mit auf vier Jahre reduzierter Wartefrist für besonders erfolgreich integrierte Einwanderer.
Flüchtlingsaufnahme ist humanitäre Pflicht
Für den humanitären Bereich betonte Bade: „Zuwandererauswahl ist legitimes Recht, Flüchtlingsaufnahme ist humanitäre Pflicht“. Hier fordert der SVR die Einführung einer jährlichen Quote zur Neuansiedelung besonders schutzbedürftiger Flüchtlinge in Deutschland. Daneben soll Deutschland im Rahmen eines europäischen Lastenaus-gleichs Asylsuchende aus europäischen Grenzstaaten aufnehmen, die unter besonderem Zuwanderungsdruck stehen, und damit beitragen zu einer menschenwürdigen Behandlung von Flüchtlingen und Asylsuchenden in der EU. Innerhalb Deutschlands müsse die Bleiberechtsregelung für Geduldete über den Stichtag 31. Dezember 2009 hinaus verlängert werden, weil die sich verschärfende Situation am Arbeitsmarkt vielen Betroffenen erschwert, den für eine Aufenthaltserlaubnis nötigen Nachweis zu erbringen, sich und ihre Familien ausschließlich selbst versorgen zu können.
Über den Sachverständigenrat
Der Sachverständigenrat deutscher Stiftungen für Integration und Migration geht auf eine Initiative der Stiftung Mercator und der VolkswagenStiftung zurück. Beteiligt sind acht Mitgliedsstiftungen. Neben der Stiftung Mercator und der VolkswagenStiftung sind dies: Bertelsmann Stiftung, Freudenberg Stiftung, Gemeinnützige Hertie-Stiftung, Körber-Stiftung, Vodafone Stiftung und ZEIT-Stiftung Ebelin und Gerd Bucerius. Der SVR ist ein unabhängiges und gemeinnütziges Beobachtungs-, Bewertungs- und Beratungsgremium, das zu integrations- und migrationspolitischen Themen Stellung bezieht und handlungsorientierte Politikberatung anbietet. Die Ergebnisse seiner Arbeit werden in einem Jahresgutachten veröffentlicht. Dem SVR gehören neun Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus verschiedenen Disziplinen und Forschungsrichtungen an: Prof. Dr. Klaus J. Bade (Vorsitzender), Prof. Dr. Ursula Neumann (Stellv. Vorsitzende) sowie Prof. Dr. Michael Bommes, Prof. Dr. Heinz Faßmann, Prof. Dr. Yasemin Karakaşoğlu, Prof. Dr. Christine Langenfeld, Prof. Dr. Werner Schiffauer, Prof. Dr. Thomas Straubhaar und Prof. Dr. Steven Vertovec.
Öffnung des deutschen Arbeitsmarkts
Weitere Punkte im Empfehlungskatalog des SVR sind die Öffnung des deutschen Arbeitsmarkts für Zuwanderer aus den neuen EU-Mitgliedsstaaten, ein Gesetz zur Anerkennung ausländischer Abschlüsse und Berufserfahrungen sowie eine höherrangige Verankerung der Querschnittsaufgaben Integration und Migration in den Institutionen der neuen Bundesregierung. Schließlich soll der Bund die Länder zu zweierlei aufrufen: zu einer bedarfsgerechten Sprachförderung für Kinder im Vorschulalter sowie dazu, Kindern irregulärer Migranten den Schulbesuch zu ermöglichen. Politik
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Professor Bade hat Recht mit seinen Handlungsempfehlungen, die ganz bewusst an die neue Regierungskonstellation angepasst wurden (das „politisch“ machbare).
In einer anderen Konstellation hätten die Empfehlungen bestimmt anders ausgesehen (bsp. „doppelte Staatsangehörigkeit). Wie auch immer, ich halte Prof. Bade für eine sehr kompetente Person, die sich eine bessere Gesellschaft zum Lebensziel gemacht hat. Bin echt gespannt, wie die Union/FDP Regierung diese Empfehlungen aufnehmen und bearbeiten, oder wie so oft nur zur Kenntnis nehmen…
Neues Steuerungssystem für Zuwanderung
„Qualifikationsoffensive und bedarfsorientierte Zuwanderung sind zwei Seiten der gleichen Medaille“, erklärte der SVR-Vorsitzende Prof. Dr. Klaus J. Bade. Der SVR empfiehlt, für die Zeit der Erholung nach der Wirtschaftskrise ein neues Steuerungssystem für Zuwanderung vorzubereiten
Das sind doch mal gute Nachrichten. Nur wenn die Sache bedarfsgerecht gesteuert wird klappt es überhaupt mit der Integration. Meiner Meinung nach sollte man sich vor allem einmal Kanada zum Vorbild nehmen.
Flüchtlingsaufnahme ist humanitäre Pflicht
Für den humanitären Bereich betonte Bade: „Zuwandererauswahl ist legitimes Recht, Flüchtlingsaufnahme ist humanitäre Pflicht“. Hier fordert der SVR die Einführung einer jährlichen Quote zur Neuansiedelung besonders schutzbedürftiger Flüchtlinge in Deutschland.
Die Worte „zur Neuansiedlung“ stehen für sich gesehen im Widerspruch zum ersten Punkt, auch wenn die Flüchtlinge schutzbedürftig sind. Denn dies alleine garantiert nicht die Integrationsfähigkeit der Flüchtlinge, vor allem dann wenn sie schlecht gebildet sind. Eine Asylpflicht für nachweisliche Flüchtlinge, Ja aber ohne Ansiedlungspflicht. Eine Ansiedlungsoption sollte sich vor allem dann öffnen wenn die Bildung gut ist und die kulturellen Unterschiede nicht zu groß.