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Kein Grund zum Feiern

In den Niederlanden ist Nikolaus‘ Helfer schwarz – geschminkt!

Glänzen die Niederlande sonst mit einem liberalen Image, bleiben die Konflikte um die rassistische Figur des "Zwarte Piet" bislang ungelöst, der schwarz geschminkte Helfer des niederländischen Nikolaus. - Sophia Ayissi Nsegue im Gespräch mit zwei Aktivisten, die sich für die Abschaffung dieser Figur stark machen.

Von Sophia Ayissi Nsegue Mittwoch, 19.11.2014, 8:24 Uhr|zuletzt aktualisiert: Freitag, 21.11.2014, 7:35 Uhr Lesedauer: 10 Minuten  |  

Seit Jahren rumort es in der niederländischen Gesellschaft – eine vielseitige Gesellschaft, deren Mitglieder sich eine Debatte um die Tradition des „Sinterklaas“-Festes und der damit verbundenen Figur des „Zwarte Piet“ liefern. Internationale Aufmerksamkeit erregte das Anliegen erstmals 2013, als Verene Shepherd, jamaikanische Professorin und Mitglied des Hohen Kommissariats für Menschenrechte (UNHCR), die Tradition als rassistisch anprangerte. Dem Anstoß folgten Petitionen, Gerichtsurteile und weitere Bestätigungen des rassistischen Charakters, die bislang jedoch erfolglos blieben, angesichts des massiven Widerstands gegen die Beseitigung der Figur.

Der Streit um „Zwarte Piet“ entfachte ungestüme Reaktionen, sahen sich viele Niederländer doch ihrer kulturellen Identität beraubt. Politik und Gesellschaft argumentierten nach wie vor mit der nicht-rassistischen Intention der Figur und hielten an der Tradition fest. Argumente, die sich in Hinblick auf die stereotype, sehr verletzende Darstellung Schwarzer Menschen und des kolonialen Erbe des Landes, aber kaum als tragfähig erweisen.

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Am Wochenende protestierten zahlreiche Bündnisse am Rande der jährlichen Feierlichkeiten gegen die Beibehaltung der Figur und deren rassistische Wurzeln. Der Ausgang der Proteste in Gouda und Amsterdam, in denen über 90 Protestierende festgenommen und Opfer von Polizeigewalt wurden, spricht für sich. Mit welch einer Heftigkeit die Reaktionen auf Kritik am „Zwarte Piet“ erfolgen, mussten die Protestierenden am eigenen Leib erfahren. So wurden die Proteste nicht nur von öffentlichen Behörden, sondern auch im Medientenor kritisiert und dämonisiert.

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Der Konflikt steht für um einiges tiefer liegende Probleme in der niederländischen und europäischen Gemeinschaft, in denen rassistische Diskriminierung mit schlecht verborgenen und sich wiederholenden Mustern salonfähig gemacht wird. Politiker aus dem rechten Milieu sind mit Geert Wilders, Marine Le Pen und der Alternative für Deutschland längst in der Mitte der Gesellschaft angekommen.

„Wir kennen die Geschichten von Schwarzen Mädchen, die unter der Dusche versuchen sich ihre Schwarze Haut abzureiben, weil sie in der Schule „Zwarte Piet“ genannt werden.“

Die Bezeichnung „Allochtoon“, ein ursprünglich griechischer Begriff für „Ortsfremde“, ist in den Niederlanden gang und gäbe, um Niederländer mit ausländischen Wurzeln zu bezeichnen, ist dabei aber ähnlich sinnentleert wie die Umschreibung „Migrationshintergrund“ im Deutschen. Dass hierbei auch solche Niederländer umschrieben werden, deren Familien vor mehreren Generationen eingewandert sind und die sich selbst als Niederländer identifizieren, ist hierbei bezeichnend für eine sprachliche Diskriminierung, die sich auch sozial-ökonomisch auf diese Individuen auswirkt:

Im Vorfeld der Proteste führten wir ein Interview mit Kno’Ledge Cesare, Gründer von „Nederland Wordt Beter„, sowie der Kampagne „Zwarte Piet is Racisme“ und Kunta Rincho, Gründer der Organisation „Zwarte Piet Niet„, in dem wir über die Arbeit der Initiativen sprachen.

MiGAZIN: Ich würde gerne mehr über die Gründung Ihrer Organisationen und den Kontext der „Sinterklaas“-Tradition erfahren. Was ist problematisch an der Figur des „Swarte Piet“?

Kno’Ledge: „Zwarte Piet“ ist eine stereotype Darstellung Schwarzer Menschen aus dem 19. Jahrhundert. Durch unsere jährlichen Feierlichkeiten fahren wir mit der Reproduktion dieser Bilder, in denen Schwarze Menschen entwürdigt und weiße Menschen emporgehoben werden, fort. Wir denken, dass das im heutigen Zeitalter nicht mehr erlaubt sein sollte. Wir wollen, dass unsere Kinder in einer starken Zukunft aufwachsen sollten und wir sehen keinerlei positiven Einfluss dieser Bilder. Aus diesen Gründen haben wir verschiedene Kampagnen mit dem Ziel gegründet, gegen diese Symbolik, der wir in den Niederlanden ausgesetzt sind, vorzugehen.

Kunta: „Zwarte Piet“ ist nicht nur eine rassistische Karikatur von Afrikanischen Menschen, sondern das Bild eines überlegenen, weißen Mannes und seiner minderwertigen Schwarzen Diener. Tatsächlich ist es ein sehr kolonial geprägtes Bild, das Kinder, und dabei nicht nur Schwarze Kinder, manipuliert, indem es Schwarze Menschen degradiert. Wir sind der Meinung, dass wir stärkende Vorbilder in den Schulen und in der Umgebung der Kinder brauchen. Es ist schmerzhaft zu sehen, dass wir im Jahre 2014 Schwarze Menschen immer noch so darstellen.

Worum geht es in Ihren Organisationen? Was sind Ihre konkreten Handlungen?

Kunta: Ich bin einer der Gründer der Organisation „Zwarte Piet Niet“. Unser Ziel ist es, die Figur in der „Sinterklaas“-Tradition abzuschaffen.. Der einzige Ort, an dem wir diese noch sehen wollen, ist im Museum. Museen halten die Geschichte der Niederlande und der ganzen Welt fest. Die Figur sollte ihren Platz in der Geschichte haben, jedoch nicht zu unserem Alltag gehören. Kno’Ledge ist von der Kampagne „Zwarte Piet is Racisme“. Wir arbeiten zusammen in dem Bündnis „Kick Out Zwarte Piet“.

Kno’Ledge: Zudem gibt es die Organisation „Nederland Wordt Beter“, die auf die Bewusstseinsbildung in Bezug auf die rassistische Konnotation der Figur und der bisherigen „Sinterklaas“-Tradition zielt. Unser Ziel ist es am Ende ein Fest zu haben, das nicht rassistisch ist. Bislang betrifft uns der Rückgriff auf rassistische Muster alle. Wir denken, dass das nicht nur Schwarze Menschen betrifft, Hautfarbe hat damit nichts zu tun: das ist ein Menschenrecht. Es ist das Menschenrecht meiner Kinder, in einer sicheren Umgebung aufzuwachsen. Heute sind sie jedoch einem Fest ausgesetzt, das Schwarze Menschen degradiert. Aktuell Gesellschaft Interview

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  1. karakal sagt:

    Ich halte es nicht für eine gute Idee, den „Zwarte Piet“ einfach nur abzuschaffen, denn dann wären die Farbigen ganz ausgeschlossen, auch von der Rolle des Helfers und Dieners. Vielmehr sollte man abwechselnd die Rollen vertauschen: ein Jahr ein weißer Niklaas mit einem Zwarten Piet und das nächste Jahr ein schwarzer Niklaas mit einem weißen Piet usf., wobei man die dabei vertretenen Rassen noch erweitern könnte, z. B. ein ostasiatischer Piet bzw. Niklaas usw. Man sollte auch daran erinnern, daß der ursprüngliche Nikolaus kein Westeuropäer war, sondern aus Lykien, in der heutigen Türkei, stammte (siehe in Wikipedia: Nikolaus von Myra).

  2. all-are-equal sagt:

    Das Kartenspiel „Schwarzer Peter“ hat übrigens einen ganz ähnlichen Ursprung:
    http://de.wikipedia.org/wiki/Schwarzer_Peter
    Besser als solche etabliertete Traditionen abzuschaffen halte ich es sie weiterzuentwickeln, d.h. Nikolaus und Swarte Piet auch einmal als gleichberechtigtes Duo auftreten zu lassen und nicht als Herren-Diener-/ Gut-Böse-Gespann. Der historische Nikolaus von Myra soll übrigens auch kein wahrer Heiliger gewesen sein, der nur Geschenke verteilt hat, sondern eher jähzornig, der am Konzil von Nicäa seinen Widersacher Arius geohrfeigt haben soll

  3. Magistrat sagt:

    Am Besten ist doch, man verzichtet auf solche heidnischen Bräuche, denen dann auch noch versucht wird, einen religiöser Anstrich zu verschaffen. Ob Nikolaus, Swarte Piet, Knecht Ruprecht oder der Weihnachstmann, sie alle haben nun mal ihre Wurzeln in keiner Religion, sondern sind ausschließlich abergläubischen Ursprungs. Im aufgeklärten Abendland bedarf es solcher Bräuche nicht mehr. Es ist immer wieder erstaunlich, wie an offenbar abergläubischen Bräuchen (Überwindung der Wintersommerwende; Vertreiben von Geistern in der Winterzeit durch anzünden von Kerzen und immergrüne Kränze…) festgehalten wird und gleichzeitig die wirklich religiös verankerten und vorgegebenen Traditionen missachtet und belächelt werden.

    Im Übrigen zeigt doch die Diskussion um die Hautfarbe sog. Heiliger, ihrer Helfer und anderer religiöse Figuren (auch um die Hautfarbe Christi wird ja lebhaft gestritten, insb. in den USA) wie sinnvoll und dringend jenes der zehn Gebote des Monotheismus ist: „Du sollst dir kein Bildnis machen!“ Die einzigen, die sich daran halten, sind die Muslime. Und sie sind auch die einzigen ohne Rassismusproblem.
    Gott kennt seine Geschöpfe nunmal am besten.