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Endlich aufgeklärt

Befruchtendes Miteinander oder Bedrohung des Abendlandes

Am Anfang hatte ich etwas Sorge, dass das unverhältnismäßig große Medienecho zu den Pegida-Demonstrationen gefährlich werden könnte. Aber inzwischen finde ich, dass die "Pegida" Bewegung durchaus auch positive Aspekte hat. Von Tobias Busch

Von Dienstag, 27.01.2015, 8:22 Uhr|zuletzt aktualisiert: Mittwoch, 28.01.2015, 16:29 Uhr Lesedauer: 5 Minuten  |  

Die FAZ hat am Sonntag kommentiert, mit „Pegida“ Anhängern zu sprechen sei sinnlos und die Medien sollten aufhören, diesen Leuten eine Plattform zu geben. Am Anfang hatte ich auch etwas Sorge, dass das unverhältnismäßig große Medienecho zu den Demonstrationen in Dresden gefährlich werden könnte, weil derart gehypte Ereignisse oft eine Eigendynamik entwickeln; ich erinnere an einen Auftritt von Joseph Ratzinger kurz nach seiner Wahl zum Papst im Jahr 2005, bei der angeblich bis zu einer Million junge Menschen nach Köln gekommen sind, um einen älteren Herren zu treffen, dem die meisten von ihnen ein paar Wochen zuvor freiwillig kaum gegen Bezahlung zugehört hätten.

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Aber inzwischen finde ich, dass die „Pegida“ Bewegung durchaus auch positive Aspekte hat. Zum Beispiel zeigt sich, dass es kaum gelingt, außerhalb Dresdens wesentliche Teile der Bevölkerung für Titel und Programm zu mobilisieren. Von den viel größeren Gegenbewegungen gar nicht zu sprechen.

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Auch haben endlich einmal die christlichen Kirchen ein Zeichen gesetzt, indem der Kölner Domprobst entschieden hat, die Beleuchtung des Kölner Doms auszuschalten, als dort demonstriert werden sollte. Die Islam Verbände und Interessenvertretungen scheinen auch erwacht zu sein und zu realisieren, dass es nicht geschickt ist, den weltweit im Namen des Islam verübten Terror weitgehend unkommentiert zu lassen. Tatsächlich nehmen in Deutschland nicht nur Pegida – Mitläufer aus unterschiedlichsten Gründen den Islam eher als aggressive Religion wahr und nicht – wie die meisten Muslime selbst, als friedliche. Vorbehalte und Ängste werden so thematisiert und damit auch rationalisiert. Es gibt eine neue Diskussion über ein Einwanderungsgesetz und die Öffentlichkeit beschäftigt sich mit der Frage, wie die Menschen zur Immigration stehen. Das alles finde ich insgesamt eher positiv.

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Menschen haben immer Angst vor Veränderungen und vor Neuem und natürlich verändert sich Deutschland durch die Einwanderung. Es braucht eine Auseinandersetzung mit dem Thema und dazu ist die eine oder andere Provokation vielleicht hilfreicher als zu viel politische Korrektheit und ein stets maßvoller Ton. Im Ergebnis ist es vielleicht gesünder, dass die CSU und ihr Oberpopulist Seehofer alle paar Monate etwas absurde verbale Ausflüge nach rechts unternehmen und so eine öffentliche Diskussion und Gegenbewegung auslösen, als dass das bestehende Unwohlbefinden mancher tabuisiert wird und Vortragende aller Fraktionen in Neujahrs- und anderen Ansprachen moralische Appelle platzieren.

Ich bin fest davon überzeugt, dass in den nächsten zehn bis zwanzig Jahren jedes Jahr Hunderttausende von Menschen nach Deutschland einwandern werden und ich bin ebenso fest davon überzeugt, dass das dem Land sozial und wirtschaftlich sehr gut bekommen wird, wenn wir den Prozess intelligent steuern, begleiten und unterstützen. Ich glaube aber nicht, dass das gelingen kann, ohne das Verhältnis der Gesellschaft zu den fremden Einflüssen, insbesondere auch zu dem der Religionen zu klären.

Wenn die Deutschen in die Türkei reisen (oder früher nach Italien und Spanien) kommen sie nach Hause und schwärmen von den höflichen und warmherzigen Menschen, die sie dort getroffen haben. Wenn sie nach China reisen, beschweren sie sich häufig über die Unhöflichkeit und fehlende Herzlichkeit, die Ihnen dort begegnet. Trotzdem erleben umgekehrt die nach Deutschland einwandernden Chinesen kaum Unfreundlichkeit und Feindseligkeit, im Gegenteil berichten die meisten von sehr positiven Erfahrungen, von freundlicher Aufnahme und Hilfsbereitschaft.

Wenn ich mit jungen Türken spreche, hört sich das oft anders an. Natürlich trägt eine Vielzahl von Faktoren zu diesem Ergebnis bei. Von der körperlichen Erscheinung bis zum Alter zur Zeit der Einwanderung (die Chinesen sind meist junge Erwachsene und kommen ohne Eltern), vom Bildungsniveau und der sozialen Umgebung bis zum unterschiedlichen Temperament der Völker. Trotzdem ist das zunächst einmal ein eigenartiger Befund.

Interessant ist auch, was mir eine junge Chinesin kürzlich als Vermutung für die Ursachen anbot. Sie fand, die Chinesen würden sich eigentlich nicht mehr oder weniger als andere Einwanderer integrieren, sie würden aber die Üblichkeiten und Regeln der Deutschen im Außenverhältnis respektieren und sich entsprechend angepasst verhalten ohne ihre Herkunft deshalb aufzugeben. Ihre Analyse ist, dass das wesentlich an der fehlenden Religiosität der meisten Chinesen liege; ihnen gehe deshalb jeder missionarische Eifer ab. Dinge, die der eigenen Moral widersprechen, kann man bei anderen Menschen achselzuckend konstatieren und tolerieren. Verhalten aber, das göttlich verboten ist, kann der Einzelne natürlich nicht ohne Weiteres tolerieren, schon gar bei den eigenen Kindern, ihrem Umgang und ihrem Umfeld. Auch als Eltern haben die Chinesen deshalb wenig Probleme mit den westlichen Lebensformen, obwohl sie Einiges davon sicher nicht übernehmen möchten.

Deutschland ist seit langer Zeit auf dem Weg, ein zunehmend säkulares Land zu werden. Die christlichen Religionen sind zwar tief in unseren Traditionen verwurzelt, aber ihre Bedeutung für den Einzelnen nimmt bei den meisten Menschen ab und nicht zu -und es gibt keinerlei Anzeichen für eine Trendumkehr in diesem Punkt. In einer säkularen Gesellschaft ist Toleranz ein Erfolgsfaktor für Menschen jeden Alters. Die gläubigen Eltern (jeder Religion) und jegliche Institutionen, die an der Erziehung mitwirken, sollten sich dessen bewusst sein. Es ist sicher hilfreich, wenn wir alle in diesem Punkt etwas ausdrücklicher und ehrlicher unsere Standpunkte austauschen. Das erleichtert in meinen Augen den jungen Menschen, sich einen eigenen Weg zu suchen.

Schon der Begriff Abendland in der „Pegida“ Abkürzung ist völlig absurd, weil unsere christliche Kultur eher aus dem Morgenland kommt – die alten Griechen und die Römer haben an eine Vielzahl von Göttern geglaubt und der heutige Iran, also damals Persien, war keineswegs schon immer islamisch! Dagegen war der Islam für lange Zeit die dominierende Religion in Indien, wo heute 8 Prozent Muslime und eine große hinuistische Mehrheit leben. Das Wohl und Wehe eines Volkes hängt nicht davon ab, welcher Religion seine Menschen oder deren Mehrheit anhängen. Das Miteinander in einer vielfältigen Gesellschaft wäre sehr viel einfacher, wenn diese einfache Einsicht sich durchsetzen würde. Wer verantwortlich denkt, sollte diese Erkenntnis befördern! Aktuell Meinung

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