Knatsch
SPD legt Eckpunkte für Einwanderungsgesetz vor, Union blockt
Erneut steht Knatsch in der Koalition an. Die SPD möchte ein neues Einwanderungsgesetz mit flexiblem Punktesystem, von dem die Union nichts wissen will. Nur die Kanzlerin ist sich noch unschlüssig. Sie wolle sich die SPD-Vorlage anschauen.
Mittwoch, 04.03.2015, 8:24 Uhr|zuletzt aktualisiert: Donnerstag, 05.03.2015, 18:08 Uhr Lesedauer: 3 Minuten |
SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann will mehr gut ausgebildete Arbeitskräfte nach Deutschland locken und den Jobmarkt für Flüchtlinge öffnen. Ein entsprechendes Eckpunkte-Papier stellte der SPD-Politiker am Dienstag in Berlin vor. Mit dem Vorstoß soll dem befürchteten Rückgang von Fachkräften in Deutschland entgegengewirkt werden. In der Unionsfraktion regt sich bereits Widerstand gegen die Pläne aus den Reihen des Koalitionspartners. Nur die Kanzlerin Angela Merkel (CDU) kündigte eine Prüfung an. „Ich muss mir dazu erst ein Urteil bilden“, sagte sie.
Ziel sei es die verschiedenen Einwanderungsvorschriften in einem Gesetz zu bündeln, sagte Oppermann. Es gebe in der deutschen Gesetzgebung bis zu 50 Aufenthaltstitel. „Wir fragen nicht, woher die Einwanderer kommen, sondern was sie können“, sagte Oppermann. Die Fraktion wollte am Nachmittag das sechsseitige Positionspapier beschließen. Angestrebt ist, noch in dieser Legislaturperiode ein Gesetz zu verabschieden. Ausländische Arbeitskräfte würden gebraucht, um Wohlstand und Arbeit zu erhalten, sagte Oppermann.
SPD für flexibles Punktesystem
Im Zentrum der SPD-Pläne steht ein „flexibles und nachfrageorientiertes Punktesystem“ für Arbeitskräfte, die nicht aus EU-Staaten kommen. Nach dem Vorbild Kanadas könnten künftig Alter, Ausbildung, Berufserfahrung und Sprachkenntnisse ausschlaggebend für die Erteilung einer Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis in Deutschland sein.
Je nach Bedarf kann zur Steuerung eine jährliche Quote festgelegt werden, wie viele Menschen über das Punktesystem nach Deutschland kommen können, heißt es in dem Papier. Die Aufenthaltserlaubnis soll zunächst für drei Jahre erteilt werden. Kann der Zuwanderer seinen Lebensunterhalt dann sichern, soll die Aufenthaltserlaubnis entfristet werden.
CDU lehnt Punktessystem ab
Der Geschäftsführer der Unionsfraktion, Michael Grosse-Brömer (CDU), erteilte einem Punktesystem zur Regelung der Zuwanderung erneut eine Absage. Man könne bestehende Gesetze verbessern, brauche aber kein Punktesystem, sagte Grosse-Brömer. In der Unionsfraktion werde ohne Eile und Aufregung über das Thema diskutiert.
Die Union ist in der Frage über ein neues Zuwanderungsgesetz gespalten. CDU-Generalsekretär Peter Tauber war im Januar mit einem entsprechenden Vorstoß parteiintern gescheitert. Tauber hatte angekündigt, in Kürze nach Kanada zu reisen, um sich vor Ort ein Bild zu machen. Zudem hat eine Gruppe von Unionsabgeordneten, angeführt von CDU-Präsidiumsmitglied Jens Spahn, Vorschläge zum Thema Einwanderung gemacht.
Grosse-Brömer sagte, man habe „einen gemeinsamen Wunsch, Zuwanderung und Integration zu verbessern“. „Wir brauchen dringend Zuwanderung insbesondere in den Arbeitsmarkt. Das ist so sicher, wie das Amen in der Kirche“, sagte der CDU-Politiker. Die bestehenden Regelungen seien bereits sehr gut. Um die Attraktivität Deutschlands bei Zuwanderern zu erhalten, könne man über Reformen diskutieren.
Linke wirft SPD Nützlichkeitsrassismus vor
Kritik erntet das SPD-Vorhaben auch von Links, allerdings mit einem anderen Tenor. „Statt auf Menschenrechte setzt die SPD beim Thema Einwanderung auf die Nützlichkeit für die deutsche Wirtschaft. Wer zu alt oder zu krank ist, den falschen Beruf oder das falsche Geschlecht hat, soll draußen bleiben. Nicht der Mensch steht im Mittelpunkt, sondern die Verwertungslogik. Das ist nicht fortschrittlich, sondern reaktionär“, erklärte die migrationspolitische Sprecherin der Linksfraktion.
Ein Punktesystem sei selektiv und diskriminierend. „Wer wie die SPD offen um diejenigen wirbt, die die deutsche Wirtschaft braucht, will Migranten nur wegen ihrer Nützlichkeit dulden, entsolidarisiert sich von denen, die als ‚unnütz‘ gelten und leistet Diskriminierung und Ausgrenzung Vorschub“, so die Linkspolitikerin weiter.
Erleichterter Zugang zum Arbeitsmarkt für Flüchtlinge
Mit Blick auf die gestiegenen Asylbewerberzahlen will die SPD Flüchtlingen den Zugang zum Arbeitsmarkt erleichtern. Wer eine Ausbildung in Deutschland beginnt, soll diese abschließen können und eine Frist für die anschließende Arbeitssuche bekommen. Unternehmen, Gewerkschaften, Kirchen und Kammern hatten wiederholt kritisiert, dass die Ausbildung nicht unabhängig vom Ausgang der Asyl- oder aufenthaltsrechtlichen Verfahren abgeschlossen werden konnte. Zudem soll es mehr berufliche Sprach- und Integrationskurse geben.
Die Sozialdemokraten schlagen zudem eine Bewerberdatenbank vor, über die sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer finden sollen. Auch ausländische Abschlüsse sollen schneller und besser anerkannt werden. Den Angaben zufolge arbeiten bis zu einer halben Million Einwanderer unterhalb ihrer Qualifikation. (epd/mig) Aktuell Politik
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