1.300 Tote im April
UN rechnet mit 30.000 toten Flüchtlingen, wenn es so weitergeht
Im laufenden Jahr sind bereits 1.720 Bootsflüchtlinge im Mittelmeer gestorben. Wenn das so weitergeht, rechnet die Internationale Organisation für Migration mit mehr als 30.000 Toten in diesem Jahr. Die Opposition fordert die Bundesregierung auf, mehr Verantwortung zu übernehmen.
Mittwoch, 22.04.2015, 8:25 Uhr|zuletzt aktualisiert: Dienstag, 28.04.2015, 23:14 Uhr Lesedauer: 2 Minuten |
Das Bootsunglück vom Wochenende ist die schlimmste Flüchtlingstragödie im Mittelmeer, die jemals von den Vereinten Nationen registriert wurde. Es sei von mehr als 800 Toten auszugehen, darunter viele Kinder, teilte das Flüchtlingshilfswerk UNHCR am Dienstag in Genf mit. Zudem sei der April 2015 mit bislang 1.300 gestorbenen Bootsflüchtlingen im Mittelmeer der Monat mit der höchsten jemals dokumentierten Zahl von Todesfällen.
Das UNHCR gab an, mit den meisten der bislang 28 Überlebenden der Katastrophe Interviews geführt zu haben. Den Angaben nach stach das später verunglückte Boot am Samstagmorgen mit rund 850 Menschen an Bord in Libyens Hauptstadt Tripolis in See. Unter den Passagieren seien 350 Menschen aus Eritrea gewesen. Andere Passagiere stammten aus Syrien, Somalia, Sierra Leone, Mali, Senegal, Gambia, der Elfenbeinküste und Äthiopien. Frühere Schätzungen gestützt auf Augenzeugen gingen von bis zu 950 Menschen an Bord aus.
Die Internationale Organisation für Migration bezifferte die Zahl der bislang in diesem Jahr gestorbenen Bootsflüchtlinge im Mittelmeer auf mehr als 1.720. Falls der tödliche Trend anhalte, müsse für dieses Jahr mit mehr als 30.000 Toten gerechnet werden.
Grüne: Verantwortung übernehmen
Die Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bundestag, Katrin Göring-Eckardt, bezeichnet das Massensterben als eine „Schande für Europa“. Es sei peinlich, dass die Bundesregierung so lange gewartet habe. „Thomas de Maizière als zuständiger Minister hat noch vor wenigen Tagen die Seenotrettung abgelehnt. Verantwortung übernehmen, Handeln – das ist jetzt angesagt, und nicht nur schöne Worte“, so Göring-Eckardt, die eine sofortige Wiedereinsetzung des Seenotrettungsprogramms Mare Nostrum fordert sowie sichere Wege nach Europa.
Deutschland müsse sich bereiterklären, mehr Flüchtlinge aufzunehmen. „Das ist ein Gebot der Humanität. Wir können nicht von einem Europa der Werte reden, wir können nicht von einem Europa als Friedensnobelpreisträger reden und weiter zuschauen, wie diese Dinge passieren“, so die Grünen-Politikerin.
Linke: Legale Wege für Asylsuchende schaffen
Ähnliche Kritik äußert auch die Linkspartei. „Die Abschottungspolitik der Festung Europa zwingt Flüchtlinge dazu, den lebensgefährlichen Seeweg über das Mittelmeer zu nehmen. Um das Massensterben im Mittelmeer zu stoppen, müssen endlich legale und sichere Wege für Asylsuchende in die EU geöffnet werden“, so die Ulla Jelpke, innenpolitische Sprecherin der Linksfraktion.
Geradezu zynisch erscheine die Forderung von Bundesentwicklungsminister Gerd Müller nach einer diplomatischen Offensive der EU zur Befriedung Libyens und dem Aufbau staatlicher Strukturen. „Schließlich haben EU-Staaten zuvor mitgeholfen, den libyschen Staat zu zerbomben und zum Tummelplatz von Al Qaida zu machen“, so die Linkspolitikerin. Zu einer grundlegenden Wende der europäischen Flüchtlingspolitik müsse die Bekämpfung von Fluchtursachen gehören, nicht die Schaffung neuer Fluchtgründe. (epd/mig) Leitartikel Politik
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