Studie
Wahlergebnis in Bremen sozial nicht repräsentativ
Das Wahlergebnis der Bremischen Bürgerschaftswahl ist einer Studie zufolge nicht repräsentativ. Wähler aus sozial benachteiligten Milieus gehen nicht wählen. Berücksichtigt man auch noch die nicht wahlberechtigten Ausländer, repräsentiert die Rot-Grün nur nur ein Fünftel der Bürger.
Montag, 18.05.2015, 8:25 Uhr|zuletzt aktualisiert: Mittwoch, 08.01.2020, 15:44 Uhr Lesedauer: 3 Minuten |
Je prekärer die soziale Lage eines Stadtviertels, desto weniger Menschen gehen wählen. Verglichen mit den Ortsteilen, die die höchste Wahlbeteiligung verzeichneten, gehören in den Bremer Nichtwähler-Hochburgen fast zwölf Mal so viele Haushalte zu sozial schwächeren Milieus. Und dort leben nahezu vier Mal so viele Arbeitslose und doppelt so viele Menschen ohne Schulabschluss. Das geht aus einer aktuellen Studie der Bertelsmann Sitftung hervor.
In den Wähler-Hochburgen Bremens dominieren die sozio-ökonomisch stärkeren Milieus der Konservativ-Etablierten und der Liberal-Intellektuellen. Im Ergebnis der Bürgerschaftswahl sind diese Milieus damit deutlich überrepräsentiert. „Das soziale Umfeld bestimmt die Höhe der Wahlbeteiligung“, sagte Robert Vehrkamp, Demokratie-Experte der Bertelsmann Stiftung: „Ob jemand wählt, hängt stark davon ab, wo und wie er wohnt und ob in seinem unmittelbaren sozialen Umfeld gewählt wird oder nicht.“ So lag die Wahlbeteiligung im Bremer Ortsteil Borgfeld mit 73 Prozent etwa dreimal so hoch wie im Bremerhavener Ortsteil Leherheide-West mit 24 Prozent.
Rechnet man auch die Ausländer raus…
Die Regierung werde demzufolge überwiegend von Bürgern mit gutem Einkommen und Bildung bestimmt. Die Wahlbeteiligung bei der Bremischen Bürgerschaftswahl lag bei historisch niedrigen 50,1 Prozent. Damit sinkt auch die rechnerische Repräsentationsquote der Bremischen Bürgerschaft: Die neu gewählte Bürgerschaft repräsentiert nur noch die Stimmen von knapp 48,6 Prozent aller wahlberechtigten Bremer Bürger.
Die historisch niedrige Repräsentationsquote der Bremischen Bürgerschaft verschärft sich noch einmal mit Blick auf die Repräsentationsquoten möglicher Regierungskoalitionen: Bei Fortsetzung der bisherigen rot-grünen Regierungskoalition würde diese aufgrund ihrer knappen Mehrheit (47,9 Prozent) lediglich noch knapp 23 Prozent der Stimmen aller Wahlberechtigten repräsentieren.
Rechnet man zur Bremer Bürgergesellschaft auch die gut 73.000 in Bremen lebenden – aber nicht wahlberechtigten – über Ausländer hinzu, führt das zu noch einmal geringeren rechnerischen Repräsentationsquoten von Bürgerschaft und Regierungskoalition: Die Bürgerschaft repräsentiert dann nur noch die Stimmen von 41,6 Prozent aller Bürger, die bisherige Regierungskoalition lediglich noch ein Fünftel (20 Prozent).
Zunehmende sozial Spaltung
Als Hauptursache der drastisch sinkenden und ungleichen Wahlbeteiligung benennt die Studie die zunehmende soziale Spaltung und die räumliche Segregation der Bremer Stadtgesellschaft. Die sozial prekären Ortsteile verfestigen sich immer mehr zu Nichtwähler-Hochburgen, in denen die Verankerung der Parteien zunehmend erodiert. Der Trend gelte auch bundesweit: Deutschland sei längst eine sozial gespaltene Demokratie, erklärte der Demokratie-Experte der Bertelsmann Stiftung, Vehrkamp.
Im Vergleich zum Landesdurchschnitt erreichen alle Parteien in den Nichtwähler-Hochburgen etwa 30 bis 60 Prozent weniger Wählerstimmen. Einzige Ausnahme ist die Splittergruppe der „Bürger in Wut“ (BIW), die in den Nichtwähler-Hochburgen – auf insgesamt sehr niedrigem Niveau – etwas mehr Stimmen als im Landesdurchschnitt holte. „Alle Bremischen Parteien verlieren zunehmend den Kontakt und den Zugang zu den Nichtwähler-Milieus. Die Steigerung der Wahlbeteiligung und die Verringerung ihrer sozialen Schieflage liegt deshalb im gemeinsamen Interesse aller demokratischen Parteien“, sagte Vehrkamp.
Frühere Studien der Bertelsmann Stiftung zur Bundestagswahl 2013 hatten die soziale Ungleichheit der Wahlbeteiligung bereits für die gesamte Bundesrepublik belegt. Die Ungleichheit der Wahlbeteiligung in Deutschland hat sich demnach innerhalb der vergangenen vier Jahrzehnte verdreifacht. „Die soziale Ungleichheit der Wählerschaft hat sich verfestigt. Deutschland ist längst eine sozial gespaltene Demokratie“, sagte Vehrkamp. (mig/epd) Leitartikel Politik Studien
Wir informieren täglich über das Wichtigste zu Migration, Integration und Rassismus. Dafür wurde MiGAZIN mit dem Grimme Online Award ausgezeichnet. Unterstüzte diese Arbeit und verpasse nichts mehr: Werde jetzt Mitglied.
MiGGLIED WERDEN- Fachkräftemangel vs. Abschiebung Pflegeheim wehrt sich gegen Ausweisung seiner Pfleger
- Nach Budget-Halbierung Regierungsbeauftragter für Reform der Integrationskurse
- „Diskriminierend und rassistisch“ Thüringer Aktion will Bezahlkarte für Geflüchtete aushebeln
- „Hölle“ nach Trump-Sieg Massenabschiebungen in den USA sollen Realität werden
- Verwaltungsgerichtshof Nürnberg muss Allianz gegen rechts verlassen
- Ein Jahr Fachkräftegesetz Bundesregierung sieht Erfolg bei Einwanderung von…
Der Staat für alle ist ein Staat für keinen. Seine Merkmale sind (nach Ludwig Erhard):
– ein Wohlfahrtsstaat
– eine ausufernde Staatsquote
– hohe Schulden
– eine Gesellschaft, in der dem Einzelnen die individuelle Verantwortung für die soziale Tat abgenommen wird
– ein Staat der sich alles passend macht
– ein Staat, der seine Kräfte dadurch verzettelt, dass er nicht vereinzelt, sondern überall interveniert
– ein Staat, in dem der eine Bürger die Hand in der Tasche des anderen hat
das führt dann zu einer Gesellschaft,
– die ignorant ist
– herzlos
– wehleidig
– die sich stets über die „Politik“ beschwert
– wahlmüde ist
– die intolerant gegenüber kritischen Stimmen ist
Mit anderen Worten: Eine offene Gesellschaft ist gut, wenn sie nicht zum „Wohlfahrtsstaat“ führt. Wohlgemerkt: Die meisten dieser Erkenntnisse stammen von Ludwig Erhard.
“Die soziale Ungleichheit der Wählerschaft hat sich verfestigt. Deutschland ist längst eine sozial gespaltene Demokratie” Deutschland entwickelt sich zu einer Gesellschaft wie in der Weimarer Republik, weil es dem Gros der Migranten nicht gelingt, aufzuschließen. Im Übrigen: Warum sollen sich Leute mit einem System nachhaltig identifizieren, dessen Tore weit offen sind? Ich meine das nicht als Kritik, sondern als ganz ernst gemeinte Frage.