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UN-Rassismus-Note

Mangelhaft – Bundesregierung muss nachsitzen

Zwischen dem vorgelegten Bericht der Bundesregierung und der UN-Mängelliste klafft eine riesige Lücke. Das UN-Gremium sieht erheblichen Handlungsbedarf in der Arbeit gegen anti-rassistische Diskriminierung in Deutschland.

Von Freitag, 29.05.2015, 8:22 Uhr|zuletzt aktualisiert: Mittwoch, 08.07.2015, 15:39 Uhr Lesedauer: 3 Minuten  |  

Er liest sich gut, Deutschlands Staatenbericht, der dem Committee on the Elimination of Racial Discrimination (CERD) vorgelegt worden war. In 40 Seiten beschreibt die Bundesregierung Maßnahmen, die durchgeführt werden, um „jede Form von Rassendiskriminierung“ zu beseitigen. Nach Lektüre dieses Berichts kommt man nicht umhin zu denken, Deutschland komme seiner Verpflichtung nach, den Anti-Rassismus-Konvention von 1969 umzusetzen.

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Einer Überprüfung hielt der Bericht aber nicht stand: Der UN-Ausschuss stellte Deutschland ein denkbar schlechtes Zeugnis aus. Der Bundesregierung werden erhebliche Mängel in der Bekämpfung gegen rassistisch motivierte Diskriminierung auf verschiedenen Ebenen bescheinigt und dringende Empfehlungen zu deren Behebung ausgesprochen. Zwischen dem Bericht der Bundesregierung und den festgestellten Mängeln klafft also eine riesige Lücke.

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Der UN-Ausschuss bemängelt bereits, dass in dem deutschen Bericht keine umfassende Definition von Rassismus verwendet wird, die den aktuellen Diskursen und vor allem den Lebenssituationen der betroffenen Personen entspricht. Stattdessen bezieht man sich in dem Bericht vordergründig auf den Bereich des Rechtsextremismus und Neo-Nazismus als Erscheinungsform, die es zu bekämpfen gilt. Dass aber rassistische Einstellungen auch in bürgerlichen und gesellschaftlich-anerkannten Kreisen verbreitet ist, findet in dem Bericht keinerlei Erwähnung. Deshalb fordert das Komitee ein gesteigertes Bewusstsein für die vielfältigen und subtilen Erscheinungsformen von rassistischer Diskriminierung, im öffentlichen Leben, den Medien und Bildungseinrichtungen. Insbesondere rassistische Äußerungen von Personen des öffentlichen Lebens und Parteipolitikern sollen scharf verurteilt und mit effektiven Maßnahmen sanktioniert werden. Zum Schutze der betroffenen Personen und Minderheiten soll daher eine konkrete Beschreibung und Definition rassistischer Diskriminierung gewährleisten, dass Verletzungen dieser Abkommen vom Gesetzgeber auch geahndet werden können.

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Bemängelt wird vom Ausschuss auch, dass die Anti-Rassismus-Konventionen in der deutschen Rechtsprechung noch zu selten umgesetzt werden. Zwar hätten Art. 3 Absatz 3 des Grundgesetzes sowie das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) zum Ziel, jede Benachteiligung aufgrund der ‚Rasse‚ oder der ethnischen Herkunft zu verhindern oder zu beseitigen. Allerdings finde dieses Gesetz in Ermangelung einer klaren Definition in der juristischen Praxis kaum Anwendung.

Im Falle von Strafverfahren oder indirekter Diskriminierung vonseiten öffentlicher Behörden und staatlicher Institutionen stellt sich die Situation für Betroffene noch immer sehr schwierig dar. Es wird daher angemahnt, dass auf Länder- und Bundesebene das AGG auf allen Ebenen der Rechtsprechung im Sinne der Konventionen angewandt werden soll. Der UN-Ausschuss empfiehlt zudem die Einrichtung und Förderung von unabhängigen und regierungsfernen Initiativen und Beratungsstellen, die rassismuskritische Arbeit leisten und als Anlaufstelle für Betroffene von rassistischer Diskriminierung dienen.

Deutlich fällt die Kritik auch hinsichtlich der Amtshandlungen von Polizei und der Justiz in der Bundesrepublik aus. Besondere Beachtung schenkt das UN-Komitee der Bundespolizei, die an öffentlichen Plätzen, Bahnöfen, Zügen, Flughäfen Personenkontrollen mit der sogenannten Racial Profiling Methode durchführt. Damit werden Personen aufgrund äußerlicher Merkmale wie Hautfarbe kontrolliert.

Ähnlich verhält es sich mit der strafrechtlichen Verfolgungen von Gewalttaten mit rassistisch motivierten Hintergrund. Auch hier stellt der UN-Ausschuss erhebliche Mängel fest und macht diese am Beispiel der Ermittlungsarbeiten zu der Mordserie des „Nationalsozialsozialistischen Untergrund“ (NSU) von 1998 – 2007 fest. Die Aufarbeitung der rassistisch motivierten Straftaten offenbare, welche gravierenden Fehler gemacht und Vertuschungsversuche vonseiten der Behörden unternommen worden seien. Besonders schwer wiegt der Vorwurf zur Ermittlungsarbeit der Polizei, die einen rassistisch motivierten Hintergrund ausschlossen. Stattdessen wurde angenommen, die Täter stammten aus dem Milieu der organisierten Kriminalität.

Eine weitere Baustelle macht der UN-Staatenbericht im deutschen Bildungssystem aus. Auch dort werde zu wenig gegen rassistische Diskriminierungspraxen vorgegangen. Die frühe Teilung auf Förder-, Realschule und Gymnasien benachteilige nachweislich die Kinder und Jugendliche von Angehörigen von Minderheiten in Deutschland. Besonders erwähnt werden dabei Roma, Sinti, Schwarze Menschen und Muslime. Das deutsche Schulsystem fördere damit eine Segregation der benachteiligten Menschen, deren Zugang zu weiteren Bildungseinrichtungen und späteren Berufsaussichten sich damit verschlechtern würde.

Insgesamt fällt das Gremium also ein kritisches Urteil. Besonders erwähnt werden Sinti, Roma, Menschen im Asylverfahren und Flüchtlinge. Diese sollten in Zukunft verstärkt unter den Schutz der Anti-Rassismus-Konventionen gestellt werden. Außerdem sollten wirksame Maßnahmen installiert werden, die für diese Gruppen den Zugang zum Bildungs-, und Gesundheitssystem und dem Arbeitsmarkt deutlich verbessern. Es bleibt abzuwarten, wie die Bundesregierung darauf reagiert. Aktuell Politik

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