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Migrationsstudie

Pflegebranche tut sich schwer mit Suche nach Fachkräften im Ausland

Deutsche Unternehmen fremdeln noch immer mit der gezielten Ansprache ausländischer Fachkräfte. Zu stark wirkt die Logik des Anwerbestopps nach: Seit den 1970ern ist qualifizierte Zuwanderung zwar erlaubt, wurde aber kaum aktiv ermöglicht. Genau das jedoch wäre heute notwendig, zeigt eine aktuelle Studie.

Dienstag, 02.06.2015, 7:25 Uhr|zuletzt aktualisiert: Mittwoch, 08.01.2020, 15:44 Uhr Lesedauer: 3 Minuten  |  

Selbst wenn es Unternehmen an Fachkräften mangelt, tun sie sich schwer, gezielt Arbeitnehmer aus dem Ausland für sich zu gewinnen. Das zeigt eine Studie der Bertelsmann Stiftung am Beispiel der Pflegebranche. Kaum ein anderer Wirtschaftszweig in Deutschland hat derart große Schwierigkeiten, qualifiziertes Personal zu finden. 61 Prozent der Pflegeeinrichtungen haben Vakanzen, durchschnittlich sind dort 4,3 Stellen unbesetzt. Trotzdem, so das Ergebnis einer Unternehmensbefragung, hat bislang nur ein Sechstel der Pflegebetriebe versucht, Fachkräfte im Ausland zu rekrutieren.

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Für die repräsentative Studie befragte das Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) knapp 600 Arbeitgeber. Drei von vier Pflegeeinrichtungen, die vakante Stellen haben, bezeichnen demnach die Suche nach geeigneten Fachkräften als schwierig. Trotzdem nimmt die Rekrutierung aus dem Ausland den letzten Platz ein unter den Strategien, mit denen die Pflegebranche diesem Arbeitskräftemangel begegnet. Gerade einmal 16 Prozent der Einrichtungen wählen diesen Weg. Lieber werben die Unternehmen Personal von der Konkurrenz ab (20 Prozent) oder versuchen, den Krankenstand abzusenken (83 Prozent).

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Zu aufwendig, zu teuer, zu hohe rechtliche Hürden
„An der Pflegebranche wird deutlich, wie weit Deutschland von einer gezielten und am Arbeitsmarkt orientierten Einwanderungspolitik entfernt ist“, sagte Jörg Dräger, Vorstand der Bertelsmann Stiftung. Denn trotz aller Personalknappheit ist für 59 Prozent der Pflegebetriebe ohne Erfahrung mit Rekrutierung aus dem Ausland dies auch künftig keine Option: Zu aufwendig, zu teuer, zu hohe rechtliche Hürden, lauten die Begründungen. 83 Prozent der befragten Unternehmen mit Rekrutierungserfahrung stießen bei ihrer internationalen Fachkräftegewinnung auf bürokratische Hemmnisse, 67 Prozent auf Probleme bei der Anerkennung von Qualifikationen. 60 Prozent hatten Schwierigkeiten mit der Einwanderungserlaubnis für Drittstaatler.

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Deshalb wünschen sich die Unternehmen einen Abbau rechtlicher Hürden (67 Prozent), bessere Angebote an Sprach- und Integrationskursen (87 Prozent) und mehr Informationsmöglichkeiten über Bewerber (73 Prozent). Insbesondere kleine und mittlere Unternehmen benötigen Unterstützung. Die Studie zeigt: Je größer das Unternehmen und je professioneller seine Personalabteilung, desto mehr Arbeitskräfte aus dem Ausland gewinnt es. Kaum aktiv sind vor allem die ambulanten Pflegedienste, von denen nur jeder zehnte in den vergangenen drei Jahren Rekrutierungsversuche im Ausland unternommen hat. Dagegen war jede fünfte stationäre Krankenpflegeeinrichtung und Altenpflegeeinrichtung aktiv, um international zu rekrutieren.

Das Land, in dem die deutschen Pflegebetriebe in den vergangenen drei Jahren am häufigsten Arbeitskräfte gesucht haben, ist Spanien. Dort waren 61 Prozent aller Unternehmen mit internationaler Rekrutierungserfahrung aktiv. Dahinter folgen Polen (19 Prozent), Kroatien (16 Prozent), Rumänien (14 Prozent), Italien (13 Prozent) und Griechenland (12 Prozent). Bei den wenigen Unternehmen, die auch Rekrutierungsversuche außerhalb der Europäischen Union unternommen haben, verteilen sich die Aktivitäten vor allem auf osteuropäische Länder (Bosnien Herzegowina, Ukraine, Russland, Moldawien) und asiatische Länder (China, Philippinen, Vietnam).

Hohe Zufriedenheit mit aus dem Ausland rekrutierten Fachkräften
Pflegeeinrichtungen, die Mitarbeiter aus dem Ausland eingestellt haben, ziehen mehrheitlich ein positives Fazit. 60 Prozent der Unternehmen sind mit diesen Pflegefachkräften zufrieden oder sehr zufrieden. Positiv bewerten die Unternehmen bei den aus dem Ausland eingestellten Mitarbeitern vor allem die Einsatzbereitschaft. 48 Prozent der Betriebe schätzen diese höher ein als bei ihren deutschen Mitarbeitern. Deutlich schlechter beurteilen die Personalverantwortlichen die Praxiserfahrung der Migranten. 53 Prozent der Unternehmen sagen, sie sei niedriger als die ihrer übrigen Mitarbeiter.

„Angesichts der demographischen Entwicklung mit höherem Pflegebedarf und geringerem Angebot an Arbeitskräften ist die gezielte Gewinnung von Fachkräften aus dem Ausland unverzichtbar“, sagte Dräger. Mehr qualifizierte Einwanderung entbinde die Pflegebranche allerdings nicht davon, Bezahlung, Arbeitsbelastung und Image zu verbessern. Hilfreich für eine erfolgreiche Anwerbung aus dem Ausland seien bessere Informationen für Unternehmen, ein bundesweit einheitliches Verfahren bei der Berufsanerkennung von Pflegefachkräften sowie einfachere und transparentere Zuwanderungsregeln. Um interessierten Arbeitgebern mehr Sicherheit zu geben, bedürfe es effizienter Stellenbörsen und der Zertifizierung von Personaldienstleistern. Leitartikel Studien Wirtschaft

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  1. Ärztin sagt:

    Ich vermute mal, dass es die qualifizierte Zuwanderung in dieser Form nicht gibt, weil es einen relativen Mangel an real (nicht formal!) qualifizierten Leuten gibt. Hier strömen nicht massenweise Fachkräfte ins Land. Verschiedene Faktoren sprechen dafür. Wenn 60 Prozent der Unternehmen zufrieden sind, sind eben 40 Prozent nicht so zufrieden. Außerdem wird immer mehr bemängelt, dass Nichtausgebildete pflegen. Ja woher kommen die bloß? Meine Erfahrung zeigt, dass Nichtausgebildete (also auch Biodeutsche) massenweise eingesetzt werden, weil man sich Qualifizierte sparen will. Umgekehrt braucht man Qualifizierte. Darum ist die ganze Diskussion nichts anderes als der Biss der Katze in den eigenen Schwanz.

  2. Haralds sagt:

    Es ist natürlich schön, wenn die Unternehmen zufrieden sind mit den ausländischen Pflegekräften. Aber sind es denn auch die Pflegebedürftigen? So lange diese Menschen nur als Kostenfaktor herhalten müssen, an dem herumgespart werden kann, ist diese Diskussion unwürdig.

  3. Diese Ansätze werden dann funktionieren, wenn alls Beteiligten endlich auf Augenhöhe miteinander reden.