Muslimischer Ethiker
Ramadan-Fasten auch bei Hitze nicht gesundheitsgefährdend
Ilhan Ilkılıç, Muslim und Mitglied im Deutschen Ethikrat, erteilt Gegnern von Fasten an heißen Tagen eine klare Absage. Auch im Sommer sei Fasten nicht gesundheitsschädlich. Da stünden spirituelle und soziale Erfahrung eher im Vordergrund. Das müsse man respektieren.
Von Elisa Makowski Mittwoch, 08.07.2015, 7:25 Uhr|zuletzt aktualisiert: Montag, 13.07.2015, 16:30 Uhr Lesedauer: 2 Minuten |
Die derzeitige Hitzewelle muss gesunde erwachsene Menschen aus Sicht des Gesundheitswissenschaftlers Ilhan Ilkılıç nicht vom Ramadan-Fasten abhalten. „Auch wenn ein praktizierender Muslim mehrere Stunden fastet, davor und danach aber reichlich isst und trinkt, ist Fasten für seinen Körper nicht von vornherein schädlich“, sagte Ilhan Ilkılıç, Muslim und Mitglied im Deutschen Ethikrat, dem Evangelischen Pressedienst. Auch wenn Fasten anstrengend sei, könne man diese religiöse Praxis nicht automatisch mit einer Gesundheitsgefährdung gleichsetzen.
Der Ramadan ist der jährliche Fastenmonat der Muslime. Zwischen Morgendämmerung und Sonnenuntergang ist es Gläubigen nicht gestattet, zu essen und zu trinken sowie Medikamente einzunehmen. Außerdem verzichten sie auf Geschlechtsverkehr und Rauchen. In Deutschland fasten gläubige Muslime in diesem Jahr etwa 17 Stunden am Tag.
Schwangere und Kranke müssen nicht fasten
Schwangere, menstruierende Frauen, Kinder, sehr alte oder kranke Menschen, oder solche, die dringend Medikamente benötigen, seien von der Fastenpflicht ausgenommen, sagte der Mediziner und Philosph Ilkılıç, der an der Mainzer Johannes-Gutenberg-Universität lehrt und forscht: „Im Koran steht explizit: Die Kranken sind davon freigestellt.“ Eine Alternative sei, das Fasten nachzuholen oder durch eine Spende an Arme zu ersetzen.
Oft befänden sich praktizierende Muslime, die krank sind, jedoch fasten möchten, in einem ethischen Konflikt: „In einer solchen Situation kann sich die Person von einem Arzt oder einem Imam Rat holen“, sagte Ilkılıç. Dabei solle eher das Wohlbefinden des Menschen im Vordergrund stehen als die Gesundheit.
Es geht um das Spirituelle
„Aus der Praxis weiß ich, dass sich schon ein Krebspatient im Endstadium gegen die letzte Chemotherapie und für das Fasten entschieden hat, um vor Gott all seine religiösen Pflichten geleistet zu haben“, sagte Ilkılıç, der zum Gesundheitsverhalten von Muslimen forscht. Wenn der Patient so klare ethische Vorstellungen habe, solle man diese respektieren und nicht von außen Druck ausüben.
Generell entschieden sich viele gläubige Muslime für das Fasten, auch wenn sie dadurch negative gesundheitliche Folgen zu befürchten hätten. „40 bis 70 Prozent der Diabetes-Patienten, die Medikamente nehmen müssen, fasten – obwohl sie wissen, dass sie es nicht müssten“, sagte Ilkılıç. Die Motivation sei vor allem die spirituelle und soziale Erfahrung des Fastens, die der Gläubige mit anderen gemeinschaftlich erleben wolle. (epd/mig) Gesellschaft Leitartikel
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Wenn ein Muslim nur vorübergehend krank und absehbar ist, daß er wieder gesund werden und imstande sein wird zu fasten, dann muß er das ihm im Monat Ramadan entgangene Fasten zu einem beliebigen Zeitpunkt vor dem nächsten Ramadan nachholen. Nur dann, wenn feststeht, daß er nicht mehr soweit gesund werden wird, um imstande zu sein zu fasten, oder wegen seines hohen Alters, hat er als Ersatz für jeden ihm entgangenen Tag des Monats Ramadan (29 oder 30 Tage) einen Bedürftigen mit der Art von Nahrung zu speisen, die er selbst und seine Familienangehörigen gewöhnlich zu sich nehmen, wobei bei den islamischen Religionsgelehrten Meinungsverschiedenheit darüber besteht, ob es zulässig ist, anstatt 30 Tage lang einen einzigen Bedürftigen bspw. an einem einzigen Tag 30 Bedürftige zu speisen. Jedenfalls hat die betreffende Person darauf zu achten, daß ihre Ersatzleistung für den zugedachten Zweck ausgegeben wird. Es genügt nicht, nur „an Arme eine Spende zu geben“.
Geht der Fastende einer schweren körperlichen Arbeit nach, bei der sein Körper viel Flüssigkeit verliert, wie die Tätigkeit in einer Bäckerei an einem heißen Ofen während der Sommerhitze, dann bleibt dem Fastenden die Entscheidung selbst überlassen, ob er sich imstande sieht, diese Belastung durchzustehen oder das Fasten zu brechen. Auf jeden Fall hat er mit dem Fasten anzufangen, um zu sehen, wie lange er es unter diesen Umständen aushält, und er darf nicht von vornherein davon ablassen.
Meinungsverschiedenheit besteht auch bezüglich der Anwendung von Inhalation z. B. bei Asthmatikern. Nach einem bekannten Rechtsgutachten gilt durch deren Anwendung, bzw. das vorsätzliche Eindringenlassen des versprühten Medikaments in den Körper, selbst in geringster Menge, das Fasten als gebrochen. Aus Achtung vor der Unverletzlichkeit des Monats Ramadan hat die betroffene Person das Fasten ansonsten einzuhalten, jedoch ohne daß es ihr als gültiges Fasten angerechnet wird. In dieser Fatwa sehe ich persönlich eine unzumutbare Härte, die dem Geist der islamischen Religion widerspricht, da der Kranke, der eigentlich imstande ist zu fasten, nicht nur durch seine Krankheit belastet ist, sondern hier auch noch durch Fasten, das ihm nicht als solches anerkannt wird, bestraft wird. Ein Bulldozerfahrer z. B., der den ganzen Tag unfreiwillig aufgewirbelten Staub zu schlucken bekommt, nimmt als Fastender davon in seinen Körper mengenmäßig mehr auf als der Anwender des inhalierten Medikaments, aber sein Fasten wird dadurch nicht gebrochen, weil er es nicht vorsätzlich tut. Offensichtlich erscheint diese unterschiedliche Behandlung einander sehr ähnlicher Fälle als ungerecht. Daher bevorzuge ich persönlich die Meinung, wonach der Kranke das Spray eigentlich nicht „freiwillig“ einnimmt – sondern weil er auf Grund seiner Krankheit dazu genötigt ist –, und dieses – allein schon auf Grund seiner geringen Menge – seinem Körper weder Nahrung noch Flüssigkeit zuführt noch ihm einen Genuß oder ein angenehmes Gefühl verschafft, was zu vermeiden ja der eigentliche Grund für das Fasten ist. Allerdings sollte er während des Fastens nur dann von der Inhalation Gebrauch machen, wenn er dies für unbedingt nötig ansieht.