Kurdischer Obama?
Ein Bild hält uns gefangen
Seit Wochen kursiert eine Metapher in den Medien: HDP-Chef Selahattin Demirtaş sei ein kurdischer Obama. Wie stichhaltig dieser Vergleich ist und ob die damit verbundenen Assoziationen stimmen, hat sich A. Kadir Özdemir näher angeschaut.
Von A. Kadir Özdemir Mittwoch, 19.08.2015, 8:23 Uhr|zuletzt aktualisiert: Donnerstag, 20.08.2015, 17:06 Uhr Lesedauer: 7 Minuten |
In den letzten Wochen war in der deutschen Presse von einem kurdischen Obama zu lesen: Die Rede ist von Selahattin Demirtaş, dem HDP Co-Vorsitzenden. Nora Fisher, eine Sprecherin des Think Tanks German Marshall Fund, hatte Demirtaş als einen Politiker bezeichnet, der sie stark an Obama erinnere. Kurz darauf wurde in vielen Medien verstärkt dieser Vergleich aufgenommen.
Wenn eine Denkfabrik, die sich zum Ziel gesetzt hat, Europa und die USA enger zusammenzuführen, Demirtaş mit Obama vergleicht, sollte man einen zweiten Blick auf dieses Gleichnis werfen. Denn Begriffe sind nicht nur im Evangelium mehr als Worte, sondern auch in der Politik. Schließlich verfolgt der politische Sprachgebrauch stets eine Absicht, unter anderem zu beeinflussen, zu überzeugen oder ein bestimmtes Image zu konstruieren.
Wenn von einem kurdischen Obama die Rede ist, ist das eine politische Metapher. Im Allgemeinen werden Metapher der Literatur zugeordnet und damit stark unterschätzt. Linguistische und psychologische Arbeiten heben die Bedeutung der Metapher für Denkprozesse hervor. Metapher vereinfachen komplizierte Sachverhalte, so dass politische Entwicklungen durch Rückgriffe auf Vertrautes leichter interpretiert werden. So werden in der Politik „Rettungspakete“ geschnürt, „Brücken“ gebaut, „Richtungswechsel“ vorgenommen oder „das Boot“ für voll erklärt. Gleichzeitig werden komplexe politische Ereignisse auf einfache Sinnzusammenhänge reduziert, denn das Komplizierte und Zweideutige erzeugt Unsicherheit. Bürger, die „nicht mehr durchblicken“, werden von den Politikern mit einer anschaulichen Ordnung – inklusive simpler Deutungen – versorgt. Metaphern sind daher ein gutes Mittel zur Bildung von politischen Fronten und Loyalitäten.
Mit Metaphern sind vielfältige Assoziationen verbunden. Mit ihr können Meinungen und Einstellungen beeinflusst werden. So fühlt sich der Adressat bei „chirurgischen Eingriffen“ viel wohler als bei „massenhafter Tötung“. Jede dieser Bezeichnungen ruft ganz eigene Assoziationsketten auf. Das Praktische an Metaphern ist, dass sie so unkonkret wie möglich und so konkret wie nötig bleiben. Selbst höchst blutige Ereignisse klingen besser, wenn man sie mit einer Metapher belegt. Ein arabischer Frühling beispielsweise impliziert ein Aufblühen und angenehme Wechsel, wohingegen ein arabischer Herbst sich weniger eignen würde, um die tatsächliche Brutalität der Umwälzungen zu verharmlosen. Eine politische Kultur erkennt man auch an ihren Metaphern.
Wie stark Metaphern wirken, zeigte die Psychologin Lera Boroditsky von der Stanford University. Sie führte mit zwei Versionen eines Textes über Kriminalität einen Test durch. Der einzige Unterschied in den beiden Versionen war, dass die Kriminalität einmal als „wildes Tier“ und einmal als „Virus“ bezeichnet wurde. Die Probanden, denen Kriminalität als wildes Tier vorgestellt worden war, sprachen sich für härtere Gesetze aus. Und die Teilnehmer, denen Kriminalität als Virus dargestellt worden war, forderten Untersuchungen, um Armut zu bekämpfen und die Bildung zu verbessern. Eine einzige Metapher hatte den Unterschied ausgemacht und das, obwohl beide Gruppen für ihre Entscheidung angaben, die Kriminalitätsstatistik im Text genutzt zu haben. Die Zahlen jedoch waren identisch.
Wenn jetzt von einem kurdischen Obama gesprochen wird, so soll diese Metapher in Zusammenhang mit Demirtaş positive Konzepte wie jung, engagiert, friedlich, demokratisch, menschlich, vor allem aber Fürsprecher für eine unterdrückte Minderheit nach sich ziehen. Das funktioniert aber nur, wenn auch von Obama dieselben positiven Konzepte als gültig und gängig angenommen werden. In diesem Falle wäre der Vergleich mit Obama ein großes Kompliment.
Genau so soll der deutsche Leser diese Metapher auch verstehen, denn der Mainstream der deutschen Presse betont ausschließlich positive Übereinstimmungen. Damit wird der „Idealtyp“ als mediale Konstruktion für noch unverbrauchte politische Figuren bemüht. Wirft man abseits der üblichen Festschreibungen einen Blick auf den Mann mit dem Demirtaş vergleichen wird, kommt man schnell zu anderen Ergebnissen.
Barack Obama, amtierender Präsident der USA und Friedensnobelpreisträger, galt als ein Mann, der losgezogen war, um die USA nach dem großen Gesichtsverlust der Bush-Ära moralisch zu sanieren. Als er sein Amt antrat, hatte er versprochen, Guantánamo werde innerhalb eines Jahres geschlossen. Auch die CIA-Gefängnisse, in denen Menschenrechte nicht gelten, Verdächtige gefoltert werden oder einfach spurlos verschwinden, sollten aufgegeben werden. Darüber hinaus sollte es zu einer Versöhnung mit der arabischen Welt kommen und das ramponierte Ansehen bei den Europäern durch vertrauensbildende Maßnahmen korrigiert werden. Heute ist er ein Mann, der durchschnittlich jeden vierten Tag seit seiner Präsidentschaft unbemannte Drohnen aufsteigen lässt, bei denen viele Menschen getötet werden – Zivilbevölkerung als „Kollateralschaden“ mit eingeschlossen. Aktuell Meinung
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Lange nicht so einen unterschwellig türkischnatiaonlistischen Beitrag auf MIGAZIN gelesen.
…Lange nicht so einen unterschwellig türkischnatiaonlistischen Beitrag auf MIGAZIN gelesen….
Ich haette jetzt angenommen, es geht um Tuerkei-Politik.. Faenden Sie ‚unterschwellig‘ ethnozentrischen Karl-May-Romantizismus besser?
@Kurde:
Dann widerlegen Sie Herrn Özdemir doch mal und untermauern Sie dies bitte mit Fakten.
Mich stört da eher die Pro-PKK-Berichterstattung in den deutschen Medien. Da müssen wohl wieder Autobahnen blockiert, gezündelt oder deutsche Touristen Opfer dieser feigen Anschläge werden, damit hier endlich mal jemand aufwacht!