Neue Modelle, neue Angebote
Islamischer Religionsunterricht im neuen Schuljahr
Zum neuen Schuljahr startet das Saarland einen Modellversuch zum islamischen Religionsunterricht. Baden-Württemberg weitet das Angebot aus und in Nordrhein-Westfalen nehmen bereits 13.500 Schüler am islamischen Religionsunterricht teil. Ein Streifzug über die Bundesländer.
Dienstag, 15.09.2015, 8:19 Uhr|zuletzt aktualisiert: Dienstag, 15.09.2015, 19:55 Uhr Lesedauer: 3 Minuten |
Drei Jahre nach Einführung des islamischen Religionsunterrichts in Nordrhein-Westfalen nehmen 13.500 Schüler an dem Angebot teil. Islamische Religion wird derzeit an 99 Grundschulen und 17 weiterführenden Schulen als reguläres Fach unterrichtet, wie Schulministerin Sylvia Löhrmann (Grüne) am Samstag in Düsseldorf mitteilte. Die Lehrerlaubnis haben 215 Männer und Frauen.
In Nordrhein-Westfalen leben rund 1,5 Millionen Muslime, darunter etwa 350.000 Schüler. Bundesweit gibt es rund 700.000 muslimische Schüler. Zum Schuljahr 2012/13 hatte NRW als erstes Bundesland einen bekenntnisorientierten islamischen Religionsunterricht eingeführt. Erklärtes Ziel ist, diesen Unterricht flächendeckend anzubieten. Der Lehrplan für die gymnasiale Oberstufe werde derzeit erarbeitet, sagte Löhrmann. Sie appellierte an die Islamverbände, beim Ausbau des Angebots zu helfen.
Der Religionsunterricht biete eine große Chance dafür, dass muslimische Kinder und Jugendliche „ihre muslimische Identität in einer stark säkularisierten Gesellschaft“ finden könnten, betonte die Ministerin bei einer Veranstaltung des Zentralrats der Marokkaner. Das Unterrichtsfach schaffe Raum zur Reflexion und fördere Toleranz und Verständnis für andere Religionen. Islamischer Religionsunterricht stärke außerdem die jungen Muslime, nicht den Umtrieben islamistischer „Rattenfänger“ zu erliegen. Der Islam werde durch den Unterricht „einheimischer und immer mehr zur Normalität.“
Insgesamt wird an den NRW-Schulen Religionsunterricht in sieben Bekenntnissen angeboten: Neben dem evangelischen und dem katholischen gibt es den jüdischen, den islamischen, den orthodoxen, den griechisch-orthodoxen und den alevitischen Religionsunterricht. „Jede Religion, die sich mit unserer Verfassung deckt, gehört zu unserem Land“, sagte Löhrmann.
Eine Besonderheit des islamischen Religionsunterrichts in Nordrhein-Westfalen ist die Beteiligung eines Beirats, der laut Gesetz die Anliegen und die Interessen der islamischen Organisationen vertritt. Das Gremium war als Hilfskonstruktion gebildet worden, weil es verfassungsrechtlich nicht zulässig ist, Religionsunterricht ohne die Mitwirkung der betreffenden Religionsgemeinschaft einzuführen. Die juristisch auf wackeligen Beinen stehende Regelung ist bis 2019 befristet und ist nicht als Dauerlösung konzipiert.
Saarland startet Modellversuch
Das Saarland hat das neue Schuljahr mit einem Modellversuch zum islamischen Religionsunterricht begonnen. Vier oder fünf Grundschulen in Saarbrücken und Völklingen werden den bekenntnisorientierten Unterricht in deutscher Sprache anbieten. Der Unterricht beginne in der ersten Klasse und werde dann nach und nach bis zur einschließlich vierten Klasse fortgesetzt.
Der Unterricht wird für Schüler der schiitischen als auch der sunnitischen Glaubensrichtung gemeinsam erteilt. Solange es noch keine speziell ausgebildeten Lehrkräfte gebe, würden Lehrkräfte oder Quereinsteiger muslimischen Glaubens über ein Ausbildungsprogramm vorbereitend und begleitend qualifiziert. Für das erste Jahr des Modellversuchs stünden zwei Lehrer zur Verfügung, für das Schuljahr 2016/2017 werde eine weitere Lehrkraft eingeplant. Der Lehrplan orientiert sich den Angaben zufolge an den Vorgaben des Landes Nordrhein-Westfalen.
Baden-Württemberg weitet Islamunterricht aus
Derweil kündigte Baden-Württemberg an, den islamischen Religionsunterricht im neuen Schuljahr erheblich auszuweiten. Künftig werde an 40 weiteren Schulen dieses Schulfach angeboten. Insgesamt gibt es dann an rund 80 Schulen Islamunterricht. Laut Kultusminister Andreas Stoch (SPD) ist das „ein wichtiger Beitrag für ein friedvolles und gutes Miteinander der Angehörigen unterschiedlicher Religionen“, der konsequent ausgebaut werden solle.
Das Modellprojekt „Islamischer Religionsunterricht“ an den Schulen in Baden-Württemberg wurde zum Schuljahr 2006/07 gestartet und 2010 erweitert. Im vergangenen Jahr wurde es bis zum Schuljahr 2017/18 verlängert. Als ordentliches Schulfach gibt es bekenntnisorientierten islamischen Religionsunterricht neben Nordrhein-Westfalen bisher in Hessen und Niedersachsen. In Bayern und Rheinland-Pfalz gibt es Modellversuche. (epd/mig) Aktuell Politik
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