EU-Sondergipfel
EU-Regierungsvertreter beschließen weitere Abschottung Europas
Mehr Geld für Hilfsorganisationen und Ausbau des Grenzschutzes. Darauf verständigten sich 28 EU-Regierungsvertreter. Die Politik der offenen Türen müsse korrigiert werden. Türkei soll "im Tausch gegen eine verbesserte Zusammenarbeit" Geld bekommen. Amnesty International kritisiert.
Freitag, 25.09.2015, 8:25 Uhr|zuletzt aktualisiert: Mittwoch, 30.09.2015, 23:54 Uhr Lesedauer: 3 Minuten |
Die Staats- und Regierungschefs der EU haben mehr als eine Milliarde Euro zur Versorgung von Flüchtlingen in Syrien und den Nachbarländern zugesagt. Europa sehe sich „einer beispiellosen Migrations- und Flüchtlingskrise“ gegenüber, heißt es in einer Erklärung, die die 28 Regierungsvertreter auf einem EU-Sondergipfel in der Nacht zum Donnerstag in Brüssel annahmen. Demnach will die EU mit einer Milliarde Euro die Arbeit des UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR, des Welternährungsprogramms und anderer Einrichtungen in der Region unterstützen. Weitere Finanzhilfen in nicht genannter Höhe sollen an einzelne Länder mit hohen Flüchtlingszahlen wie etwa Libanon, Jordanien und die Türkei fließen.
Die EU-Kommission hatte die Staaten vor Gipfelbeginn harsch dafür gerügt, dass sie die Hilfszahlungen für notleidende Menschen in den vergangenen Monaten gedrosselt hatten. „In Zeiten eindeutiger Not haben einige Länder ihre Beiträge für das Welternährungsprogramm um bis zu 99 Prozent zusammengestrichen“, sagte der EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker. Nach Ende des Gipfels berichtete der EU-Ratspräsident Donald Tusk, dass er die ersten konkreten Zusagen einzelner Länder für eine Erhöhung der Gelder erhalten habe.
„Politik der offenen Türen korrigieren“
In ihrer Erklärung betonen die 28 Staatenlenker zugleich, dass die „dramatische Situation an unseren Außengrenzen“ bewältigt werden müsse. Es seien bessere Grenzkontrollen und mehr Geld und Personal für die zuständigen EU-Behörden nötig. Die „Frontstaaten“ an den Außengrenzen müssten mehr Unterstützung bei der Identifizierung und Registrierung der ankommenden Menschen erhalten. Wie Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) erläuterte, sollen die Zentren für die Registrierung – sogenannte Hotspots – in Italien und Griechenland bis Ende November 2015 eingerichtet sein.
„Es ist klar, dass die größte Welle von Flüchtlingen und Migranten noch kommen wird“, warnte der Ratspräsident Tusk. Die EU müsse daher „die Politik der offenen Türen und Fenster korrigieren. Der Fokus muss nun auf dem richtigen Schutz unserer Außengrenzen und auf auswärtiger Hilfe für Flüchtlinge liegen.“ Tusk unterstrich, dass Syriens Anrainerstaaten Libanon, Jordanien und Türkei die zusätzlichen Hilfsgelder „im Tausch gegen eine verbesserte Zusammenarbeit“ bekommen sollten.
Mit Blick auf Syrien selbst forderten die EU-Regierungen „neue Bemühungen unter Führung der UN“, um ein Ende des Krieges herbeizuführen. Dabei gingen die Gipfelteilnehmer allerdings nicht weiter ins Detail. Merkel sagte: „Es muss mit vielen Akteuren gesprochen werden, dazu gehört auch Assad.“ Außer mit den USA und Russland müsse die EU auch mit Ländern wie dem Iran und sunnitischen Staaten wie Saudi-Arabien reden. Tusk räumte ein, dass die auf dem Gipfel beschlossenen Maßnahmen „kurzfristiger“ Natur seien und angesichts der komplexen Probleme lediglich „einen Schritt in die richtige Richtung“ bedeuteten.
Amnesty: EU zwingt Flüchtlinge weiter in Illegalität
Derweil werfen Menschenrechtler der EU vor, Flüchtlingen weiterhin legale und sichere Einreisemöglichkeiten nach Europa zu verwehren. „Ein Umdenken ist nicht zu beobachten“, kritisierte Amnesty International am Donnerstag in Brüssel. Die Organisation zeigte sich enttäuscht über die Ergebnisse des EU-Sondergipfels zur Flüchtlingskrise am Vorabend: „Der Fokus liegt nach wie vor darauf, Flüchtlinge draußen zu halten.“
Der Gipfel war vor allem auf Initiative von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und ihres österreichischen Amtskollegen Werner Faymann einberufen worden. (epd/mig) Leitartikel Politik
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