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Rezension zum Wochenende

Angst ums Abendland – Warum wir uns nicht vor Muslimen, sondern vor den Islamfeinden fürchten sollten

Daniel Bax liefert mit seinem gut recherchierten Buch und den vielen aktuellen Beispielen Antworten auf die Frage: Gehört der Islam zu Europa? Er zeigt, wie die übersteigerte Angst vor Muslimen rechtspopulistische Strömungen und totalitäre Denkweisen stärkt.

Von Freitag, 25.09.2015, 8:21 Uhr|zuletzt aktualisiert: Mittwoch, 30.09.2015, 23:57 Uhr Lesedauer: 4 Minuten  |  

Pegida-Kundgebungen in Deutschland, Diskussionen und Verbote um Kopftücher in ganz Europa, praktizierende Muslime und ihre Einstellung zur freien Meinungsäußerung und jetzt die vielen Flüchtlinge aus islamischen Ländern vor den Toren Europas oder sogar auf den Bahnhöfen europäischer Großstädte. Diese Aufzählung der kritischen und aktuellen Probleme zum Thema Islam in Europa könnte man noch ewig fortsetzen. Zusammenfassen kann man sie mit der Angst und Abneigung vor dem Islam.

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Daniel Bax trägt in seinem Buch „Angst ums Abendland“ viele Hintergrundinformationen zusammen, die zeigen, welch ungewöhnliche strategische Bündnisse zustande kommen, um die vermeintliche islamische Gefahr in Europa abzuwehren. Der Autor zeigt, dass es dabei häufig vielmehr um pragmatische Verträge geht, die für alle Beteiligten Vorteile bringen und die Feinde gegeneinander ausspielen, also eine klassische Rivalität.

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Sein Buch ist in drei Teile gegliedert, auf 260 Seiten trägt er zunächst eine kurze Geschichte der Islamphobie zusammen, dann beschreibt er Klischees und Konflikte und schließlich befasst er sich mit der Frage „wie geht der Kulturkampf weiter?“ Sein Buch zeigt, „warum wir uns nicht vor Muslimen, sondern vor den Islamfeinden fürchten sollten“. Dieser Untertitel macht seinen Focus deutlich.

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Daniel Bax wurde 1970 in Brasilien geboren, wuchs in Freiburg auf und studierte in Berlin Publizistik und Islamwissenschaften. Seit 15 Jahren schreibt der Autor für die linksliberale taz und ist spezialisiert auf die Themen Migration und Integration. Der Autor und Journalist bezeichnet sich als „privilegierten EU-Ausländer“, da er niederländischer Staatsbürger ist, fühlt sich aber als Deutscher und spricht auch türkisch. Mit dieser ungewöhnlichen Lebensgeschichte und seiner Expertise, die er sich durch sein Studium, viele Reisen in islamisch geprägte Länder und seine journalistische Tätigkeit angeeignet hat, blickt er aus einer aufgeklärten, liberalen und weitsichtigen Perspektive auf politische und soziale Debatten.

Im ersten Teil stellt der Autor die Islam-Phobie Europas, historische Hintergründe und die Suche nach einem Feindbild dar. Er kritisiert, das Einzelschicksale von Menschen wie zum Beispiel Ayaan Hirsi Ali , die aufgrund ihrer individuellen Leidensgeschichte einen Hass auf ihre Heimat bzw. Religion haben, als Beschreibung der gesamten islamischen Welt betrachtet werden. Diese einseitige und extreme Darstellung macht liberalen und weltoffenen Muslimen das Leben schwer und die vorhandenen Konflikte und Vorurteile größer, wenn unreflektierte Debatten geführt werden. Dass es Probleme und Widersprüche gibt, steht außer Frage.

Daniel Bax beschreibt in seinem Buch Problem-Stadtteile wie Berlin-Neukölln, die durch Autoren wie Heinz Buschkowsky und Thilo Sarrazin, bundesweit bekannt sind, aus der Sicht der Bewohner. Diese Sicht auf diese Orte in eine ganz andere als sie in den Massenmedien dargestellt wurde. Daniel Bax beschreibt gleichzeitig die Ängste der Menschen, die auf komplizierte Fragen einfache, klare und übersichtliche Antworten verlangen. Diese Menschen haben Angst vor kultureller und religiöser Vielfalt, sie suchen nach kultureller Homogenität und trauern den guten alten Zeiten nostalgisch hinterher. Das ist seine Interpretation nach jahrelanger Recherche und Arbeit zur Integrationsdebatte. Die Realität in Europa und die Geschehnisse in der Welt sind durch Globalisierung, Wirtschaft und Tourismus geprägt, sie bringen neue Herausforderungen mit sich. Die positive Herangehensweise an verschiedene Kulturen und auch die Forderung nach Gleichberechtigung und Gleichbehandlung aller Religionen, die Daniel Bax ausmacht, beeindruckt den Leser. Denn genau das charakterisiert die europäischen Werte, Errungenschaften und die persönliche Freiheit des Menschen.

Seine Darstellung des Kopftuchproblems lässt den Leser nachdenken: „In Deutschland trägt die ganz überwiegende Mehrheit aller muslimischen Frauen kein Kopftuch. Trotzdem sind Kopftuchträgerinnen zu einem Symbol des Islam in Deutschland geworden – kaum ein Artikel über Integrationsthemen, der nicht mit dem Bild einer kopftuchtragenden Frau illustriert wird. Als es nur von Putzfrauen getragen wurde, hat das Kopftuch niemanden gestört. Erst als es Frauen trugen, die damit in die Mitte der Gesellschaft strebten, in die Lehrerzimmer, Justizbüros und Parlamente, kamen die Probleme auf.“ Dieses Argument von Daniel Bax deckt die Verlogenheit, mit der debattiert wird, mutig auf. Gleichzeitig vermisst aber der Leser die klare Abgrenzung des „modernen Kopftuchs“ vom politischen Tschador bzw. der Vollverhüllung durch die Burka, denn eigentlich ist es der konservative und dogmatische Islam, der vielen Europäern Angst macht, wenn es auch nur von eine winzigen Zahl von Frauen getragen wird. Aus dieser Angst vor dem extremen Islam, Lösungen von Seiten rechtspopulistischer Parteien zu erwarten, ist eine Gefahr, vor der Daniel Bax warnt. Er analysiert sehr gut, wie rechtskonservative Kreise in ihren eigenen Familien traditionelle Rollenmodelle propagieren. „Nur wenn es gegen Muslime geht, sind sie bei den Frauenrechten ganz vorn“, sagt Daniel Bax in seinem Text.

Er beschreibt im dritten Teil seines Buches, dass ein Maßstab, gleiche Gesetze und Regeln für alle notwendig sind, damit ein friedliches Miteinander möglich ist. Insbesondere der Ausblick, dass die Menschen sich entweder gemeinsam für ein buntes Miteinander einsetzen – mit vielen Debatten, Diskussionen und immer wieder gesellschaftlichem Wandel – oder aber einen Kampf um extreme Werte und Vorstellungen mit viel Gewalt und Hass gegeneinander führen müssen, ist eine sehr gute Einschätzung der Situation. Daniel Bax liefert mit seinem gut recherchierten Buch und den wertvollen Hintergrundinformationen einen lesenswerten und aufklärenden Beitrag zu den Diskussionen um Migration und Integration. Aktuell Rezension

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  1. as140 sagt:

    „In Deutschland trägt die ganz überwiegende Mehrheit aller muslimischen Frauen kein Kopftuch. “
    Das ist eine sehr seltsame Aussage, denn sie entspricht nicht der Lebenserfahrung.

  2. Saadiya sagt:

    @as140: Das ist tatsächlich so. Die Mehrheit aller in Deutschland lebenden Musliminnen trägt KEIN Kopftuch (ca. 90%).

    Die religiöse Weltanschauung sollte nicht auf ein Stück Stoff projeziert, verkürzt werden. Kopftuch tragen heißt nicht, dass man nicht integriert ist. Auch kein Kopftuch zu tragen kann bedeuten, dass jemand nicht integriert ist, z.B. kein Deutsch spricht, nicht mit den hiesigen Gesetzen vertraut ist.