Merkel
Keine Steuererhöhungen im Rahmen der Flüchtlingskrise
In Deutschland wird es keine Steuererhöhung zur Finanzierung der Flüchtlingskrise geben. Das schloss Bundeskanzlerin Merkel aus. Gleichzeitig verteidigte sie das neue strengere Asylgesetz als "sinnvoll und vertretbar". In der Wählergunst rutscht CDU dennoch ab.
Montag, 12.10.2015, 8:23 Uhr|zuletzt aktualisiert: Dienstag, 13.10.2015, 17:38 Uhr Lesedauer: 3 Minuten |
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat mögliche Steuererhöhungen zur Finanzierung der Flüchtlingskrise definitiv ausgeschlossen. „Wir können uns freuen, dass wir seit Jahren gut gewirtschaftet haben und unsere Wirtschaftslage zurzeit gut ist“, sagte sie laut Vorabmeldung der Bild-Zeitung. Daher gebe es weder einen Steuer-Soli, um die Flüchtlingskrise finanziell meistern zu können, noch Steuererhöhungen. Die Süddeutsche Zeitung hatte am Samstag berichtet, die EU-Spitzen und die Bundesregierung führten informelle Gespräche zur Einführung einer Art europäischen Flüchtlings-Solis.
Merkel kritisierte gegenwärtige „Fehlanreize“ bei der finanziellen Unterstützung von Flüchtlingen. „Ich weiß, dass das Taschengeld, das wir Flüchtlingen zahlen, im europäischen Maßstab hoch ist“, sagte sie der Bild. Länder wie die Niederlande oder Luxemburg zahlten deutlich weniger. Die Bundesregierung wolle dazu zurückkehren, in den Erstaufnahmeeinrichtungen wieder überwiegend Sachleistungen zu verteilen und kein Bargeld auszuzahlen, erklärte die Kanzlerin. Das neue Gesetz, das für abgelehnte Asylbewerber nur noch das unabdingbar Notwendige vorsieht, sei „sinnvoll und vertretbar, auch wenn es dagegen wahrscheinlich wieder eine Verfassungsklage geben wird“.
Merkel: Beitragszahler brauchen keine Angst haben
Die geltende Regel, dass die Leistungen für Asylbewerber nahe am Hartz-IV-Satz liegen, erklärte die Bundeskanzlerin mit einem Verweis auf die Gesetzeslage: „Das Bundesverfassungsgericht hat uns in einem Urteil zu realitätsgerecht ermittelten Zahlungen verpflichtet.“ Das neue Gesetz, das im November in Kraft treten solle, setze für Flüchtlinge mit nur geringer Bleibeperspektive einen anderen Schwerpunkt, sagte Merkel.
Zur geplanten Einführung der Gesundheitskarte für Flüchtlinge erklärte die CDU-Politikerin, kein Beitragszahler brauche Angst zu haben, dass ihm bei den Leistungen etwas weggenommen werde. Ein Asylbewerber dürfe in den ersten 15 Monaten grundsätzlich nur bei akuten Erkrankungen behandelt werden, eine Zahnsanierung sei beispielsweise nicht enthalten. Bezahlt würden „die Gesundheitsleistungen der Asylbewerber übrigens nicht von der Krankenkasse, sondern von den Kommunen oder Ländern“, sagte Merkel dem Blatt.
SZ: Schäuble regt Flüchtlings-Soli an
Die Süddeutsche Zeitung hatte am Samstag unter Berufung auf die Chefetage der EU-Kommission berichtet, Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) habe einen Flüchtlings-Soli angeregt. Mit der zusätzlichen Abgabe sollten ausreichend Finanzmittel für Maßnahmen beschafft werden, mit denen unter anderem der Flüchtlingszuzug gestoppt werden könne. Der Zuschlag könnte über einen Aufschlag auf die Mineralölsteuer oder die Mehrwertsteuer erhoben und in den EU-Haushalt überwiesen werden, hieß es.
Regierungssprecher Steffen Seibert widersprach dem Bericht. „Es bleibt dabei: Weder wollen wir Steuererhöhungen in Deutschland, noch wollen wir die Einführung einer EU-Steuer,“ sagte er am Samstag in Berlin. Auch der neue Flüchtlingskoordinator der Bundesregierung, Kanzleramtsminister Peter Altmaier (CDU), schloss einen „Flüchtlings-Soli“ für Deutschland aus: „Es bleibt dabei: Wir wollen und können die Probleme lösen, ohne in Deutschland Steuern zu erhöhen“, sagte er der Bild am Sonntag.
Jeder Zweite überzeugt: „Wir schaffen das“
Derweil sind die Werte für die Union in der Wählergunst einem Bericht zufolge auf den niedrigsten Stand seit der Bundestagswahl gefallen. In einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Emnid im Auftrag der Bild am Sonntag verlor die Union zwei Prozentpunkte und kam auf 38 Prozent, wie die Zeitung berichtete. Den Umgang von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) mit der Flüchtlingskrise halten demnach 48 Prozent der Deutschen für falsch und 38 Prozent für richtig. Bei den Unions-Anhängern beträgt der Rückhalt für die Kanzlerin 67 Prozent. Jeder Vierte Unions-Wähler (25 Prozent) hält Merkels Kurs für falsch.
Eine Mehrheit von 50 Prozent der Deutschen teilt allerdings der Umfrage zufolge die Auffassung Merkels, dass Deutschland die Krise bewältigen werde. 45 Prozent glauben das nicht. Bei den Unions-Anhängern sind sogar 71 Prozent der Meinung, dass Deutschland es schaffen werde, wie die Bild am Sonntag berichtete. Eine deutliche Mehrheit von 76 Prozent der Deutschen hält es nicht für realistisch, dass sich Deutschland gegen Flüchtlinge abschotten kann. Nur 20 Prozent sind der Auffassung, dies sei durchsetzbar. (epd/mig) Aktuell Politik
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