Tag der Menschenrechte
Amnesty attestiert EU unsolidarisches Verhalten
Amnesty International rüffelt die internationale Gemeinschaft in der Flüchtlingskrise. "Stoppt die Menschenrechtsverletzungen in den Herkunftsländern, dann gibt es auch keine Fluchtgründe", fordert die Organisation.
Donnerstag, 10.12.2015, 8:21 Uhr|zuletzt aktualisiert: Donnerstag, 10.12.2015, 16:35 Uhr Lesedauer: 2 Minuten |
Amnesty International hat der Europäischen Union (EU) in der Flüchtlingskrise ein extrem unsolidarisches Verhalten attestiert. Die nationalen Egoismen einzelner Länder seien erschreckend, sagte die Generalsekretärin von Amnesty International in Deutschland, Selmin Çalışkan, am Mittwoch in Berlin. Die Migration von Flüchtlingen sei eine der großen Herausforderungen der kommenden Jahre. Versuche, sich dagegen abzuschotten, brächten nichts, betonte Çalışkan: „Die Menschen werden sich nicht aufhalten lassen.“
Völlig absurd sei in dem Zusammenhang die Zusammenarbeit mit zweifelhaften Herkunfts- und Transitländern wie Eritrea, Ägypten und dem Sudan, die selbst mit ständigen Menschenrechtsverletzungen Ursachen für Flucht und Migration schaffen. So habe beispielweise Eritrea einen lebenslänglichen Militärdienst, auf dessen Verweigerung Haft, Folter und Tod stehen.
Amnesty ruft zum Internationalen Tag der Menschenrechte am 10. Dezember dazu auf, die Fluchtursachen weltweit gemeinsam zu bekämpfen. Dazu gehöre auch, Menschenrechte zur internationalen Norm von Politik zu machen. Wo Menschen nicht um ihr Leben fürchten müssen, gingen sie auch nicht weg, betonte Çalışkan; „Die sogenannte Flüchtlingskrise ist in Wahrheit eine Krise der internationalen Solidarität und Verantwortung.“ Besonders deutlich zeige sich das Versagen der internationalen Gemeinschaft im Syrien-Konflikt.
Der Libanon, die Türkei, Jordanien, der Irak und Ägypten, die mit insgesamt vier Millionen Flüchtlingen aus Syrien immer noch die Hauptlast tragen, würden von der internationalen Gemeinschaft weitgehend damit allein gelassen, kritisierte die Amnesty-Expertin für Flucht und Migration, Khairunissa Dhala. Doch diese Länder stießen mittlerweile an ihre Belastungsgrenze. Von dem benötigten Geld für die Versorgung der Flüchtlinge habe die UN bislang nur die Hälfte erhalten. Zu den säumigen Zahlern zählten neben vielen westlichen Ländern auch die Golfstaaten.
„Das UN-Welternährungsprogramm musste die Mittel deshalb für Flüchtlinge in Jordanien drastisch von 14 auf 7 Dollar pro Kopf und Monat kürzen“, beklagte Dhala. Das entspreche einem Betrag von 20 US-Cent pro Flüchtling und Tag.
Auch in den anderen Ländern sehe es nicht besser aus. Sieben von zehn Flüchtlingen in Libanon lebten mittlerweile in extremer Armut. 50 Prozent der Flüchtlingskinder gingen nicht mehr zur Schule, die Zahl der Zwangsverheiratungen von minderjährigen Mädchen steige kontinuierlich. Nach Einschätzung der UN müssten 400.000 Flüchtlinge nach Europa, Nord- und Südamerika oder Australien oder Japan umgesiedelt werden, um die Situation in der Region zu entlasten, sagte Dhala.
Für Deutschland befürchtet Amnesty neue Härten für Schutzsuchende durch das sogenannte Asylpaket II. Insbesondere die geplanten Schnellverfahren würden unfairen Abläufen Tür und Tor öffnen, warnte Çalışkan. Das Asylrecht kenne aber keine Obergrenzen, Einschränkungen oder Diskriminierungen von Flüchtlingen nach Herkunftsstaaten. (epd/mig) Aktuell Politik
Wir informieren täglich über das Wichtigste zu Migration, Integration und Rassismus. Dafür wurde MiGAZIN mit dem Grimme Online Award ausgezeichnet. Unterstüzte diese Arbeit und verpasse nichts mehr: Werde jetzt Mitglied.
MiGGLIED WERDEN- Fachkräftemangel vs. Abschiebung Pflegeheim wehrt sich gegen Ausweisung seiner Pfleger
- „Diskriminierend und rassistisch“ Thüringer Aktion will Bezahlkarte für Geflüchtete aushebeln
- Verwaltungsgerichtshof Nürnberg muss Allianz gegen rechts verlassen
- Ein Jahr Fachkräftegesetz Bundesregierung sieht Erfolg bei Einwanderung von…
- Brandenburg Flüchtlingsrat: Minister schürt Hass gegen Ausländer
- Chronisch überlastet Flüchtlingsunterkunft: Hamburg weiter auf Zelte angewiesen