Türkei
Der Weihnachtsmarkt in Alanya
Wenn in den Medien über die Türkei berichtet wird, dann sind es meist Schreckensmeldungen über Unterdrückung und Gewalt. Doch es gibt auch ein Türkei-Bild, das kaum oder gar nicht in die deutschen Medien geschafft hat. Martina Yaman aus Alanya über den größten Weihnachtsmarkt in der Türkei.
Von Martina Yaman Freitag, 18.12.2015, 8:23 Uhr|zuletzt aktualisiert: Sonntag, 10.01.2016, 23:51 Uhr Lesedauer: 4 Minuten |
Alanya an der Türkischen Riviera war in den vielen Jahren, in denen ich in der Stadt lebte, immer besonders stolz auf sein tolerantes Image. In der Stadt leben ca. 17.000 Ausländer aus 78 Nationen – das ist ein Ausländeranteil von ca 10 Prozent. Die ausländischen „Neu-Alanyaner“, wie sie seit vielen Jahren offiziell heißen, sind hier willkommen und prägen das Bild der Stadt erheblich mit, tatkräftig gefördert von der Stadtverwaltung, die immer bereit ist, Vorschläge anzunehmen.
Ausländer können sich seit Jahren – egal ob als Touristen, Residenten oder „eingeheiratet“ – problemlos in die Stadt integrieren. Toleranz und Entgegenkommen wird hier großgeschrieben. In der Stadtverwaltung gibt es eigens ein Büro mit Mitarbeitern, die sich in deutscher, englischer und russischer Sprache für die Belange der Ausländer einsetzen. Die türkische Volkshochschule und das von der AKP-Stadtverwaltung Antalya eingerichtete Zentrum für Erwachsenenbildung bieten kostenlose Intensiv-Türkischkurse für hier lebende Ausländer an. Diskriminierung oder auch nur Ablehnung habe ich als Ausländerin weder in Alanya noch in anderen Städten der Türkei erlebt.
Multikulturell – multireligiös
Oft hört man, in der Türkei gäbe es keine Kirchen, keine anderen Religionen. Das ist so nicht richtig. Allein in Alanya gibt es eine deutsche evangelische Gemeinde (den St. Nikolaus-Verein), die Norwegische Seemannskirche, einen holländischen und einen finnischen Pfarrer sowie zwei orthodoxe Vereine. Die letzteren haben erst kürzlich eine 150 Jahre alte griechisch-orthodoxe Kirche nach einer Restauration durch die Stadtverwaltung eingeweiht und eine wunderschöne neu errichtete orthodoxe Kirche und Kulturzentrum eröffnet. An den Feierlichkeiten nahm selbstverständlich auch der Müftü von Alanya teil (übrigens der dritte in diesem Amt, der sich in nahtloser Reihenfolge der religiösen Toleranz verschrieben hat). Seit Jahren ist es üblich, dass die Religionsbehörde an einem Tag im Fastenmonat Ramazan auch die in Alanya ansässigen Ausländer zum feierlichen Fastenbrechen einlädt. In diesem Jahr nahmen 400 Personen teil.
Der Höhepunkt des Jahres ist aber zweifellos der Weihnachtsmarkt von Alanya, der auch genau so heißt – Weihnachtsmarkt und nicht Wintermarkt oder nach dem in der Türkei groß gefeierten Jahresende „Silvestermarkt“. Entstanden ist er aus der Idee, dass zu dem seit vielen Jahren auf dem Platz am Hafen aufgestellten Weihnachtsbaum auch ein Markt mit „Buden und so weiter“ gehöre….
Das Weihnachtsflair begeisterte eine Mitarbeiterin der Stadtverwaltung anlässlich eines Besuchs in der Partnerstadt Gladbeck und so wagte man den Versuch, einen Weihnachtsmarkt in Alanya zu veranstalten. Auch in anderen Städten gibt es solche Märkte, aber alle anderen sind private Initiativen und nach wie vor sehr klein. Begonnen hat es auch in Alanya klein mit einigen Ständen der ausländischen Vereine und Kirchen sowie einigen türkischen Vereinen und von Anfang an kam der Erlös einem guten Zweck zugute. Die Resonanz wächst von Jahr zu Jahr, sowohl bei Standbetreibern als auch bei Besuchern.
Der grösste Weihnachtsmarkt der Türkei
Der seit nunmehr 6 Jahren jedes Jahr am 2. Sonntag im Dezember stattfindende Internationale Weihnachtsmarkt von Alanya ist inzwischen von der türkischen Bevölkerung so sehr angenommen und „adoptiert“ worden, dass es sich mehr und mehr zu einer Veranstaltung für alle wandelt, nicht nur für christliche Ausländer mit Weihnachtsheimweh. Gefühlte 80 Prozent der mehreren Tausend Besucher sind türkischer Nationalität, ebenso die Standbeschicker. Die meisten Buden wurden von türkischen Vereinen, Schulen und Firmen betrieben; aber auch sehr viele von Privatleuten, die in monatelanger Vorarbeit basteln, häkeln, stricken oder kochen. Der Hit sind immer die Bilder mit dem Weihnachtsmann und seiner „Elfe“, dargestellt von einem finnischen Ehepaar. Der „Noel Baba“ brachte auch die Augen der türkischen Kinder zum Leuchten – er ist auch für sie kein Unbekannter mehr, denn schon seit Wochen hängt überall die Dekoration für „Yılbaşı“ – Silvester.
Die Verantwortlichen weisen dann auch gerne darauf hin, dass der Nikolaus „ja schließlich ein Türke“ gewesen sei (In Patara an der Türkischen Mittelmeerküste ist er geboren) und dass man ganz im Sinne des christlichen Bischofs Gutes tun wolle – das ist die echte Kultursynthese von Alanya. Das Bild mit der Moschee und dem Weihnachtsbaum ist echt – wenn auch der Markt nicht mehr unterhalb der Moschee stattfindet. Das hat allerdings ganz profane Gründe: der Platz dort reichte nicht mehr aus, um den Besucherandrang und den Anfragen der Standbeschicker gerecht zu werden… Und das ist auch ein Bild der Türkei, das es (leider) bisher kaum oder gar nicht in die deutschen Medien geschafft hat. Aktuell Ausland
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@Martina Yaman
„Wenn über die Türkei berichtet wird….“
Da haben Sie den Nagel auf den Kopf getroffen.
Die Nachrichten in den Medien scheinen in Deutschland zensiert zu sein.
Man kann über die Türkei nicht berichten ohne einen Seitenhieb loszuwerden.
Es wird nur negativ berichtet.