Terror
Handgranaten-Anschlag auf Flüchtlingsheim
Die Detonation blieb aus, doch der Handgranaten-Wurf auf das Gelände einer Flüchtlingsunterkunft in Baden-Württemberg löste bundesweit Entsetzen aus. Die Hintergründe der Tat sind unklar, die Polizei setzte eine Sonderkommission ein.
Montag, 01.02.2016, 8:24 Uhr|zuletzt aktualisiert: Dienstag, 02.02.2016, 17:46 Uhr Lesedauer: 3 Minuten |
Unbekannte haben eine Handgranate auf das Gelände einer Flüchtlingsunterkunft im baden-württembergischen Villingen-Schwenningen geworfen. Die Granate war nach Angaben der Polizei mit Sprengstoff gefüllt, explodierte aber bei dem versuchten Anschlag in der Nacht zum Freitag nicht. Bis zum Nachmittag blieben die Hintergründe unklar. Bundesweit löste die Tat Entsetzen aus.
Die Polizei richtete eine Sonderkommission mit 75 Beamten ein. Es werde geprüft, ob es sich um eine fremdenfeindliche Tat handele. Am Sonntagabend erklärten Polizei und Staatsanwaltschaft, die Suche konzentriere sich nun auf das Motiv. Noch sei unklar, ob sich der Anschlag gegen die in der Einrichtung lebenden Flüchtlinge oder gegen das dort eingesetzte Sicherheitspersonal richtete. Bei einer Spuren- und Zeugensuche rund um den Tatort sei nichts gefunden worden.
Granate war Kriegswaffe
Die Handgranate wurde am frühen Freitagmorgen vor Containern für das Wachpersonal gefunden. Entschärfer des Landeskriminalamtes sprengten sie. Es wurde niemand verletzt. Der Freiburger Regierungsvizepräsident Klemens Ficht erklärte, bei der Granate habe es sich um eine Kriegswaffe gehandelt. Dass diese auf eine Einrichtung für Kriegsflüchtlinge geworfen wurde, sei besonders zu verurteilen.
Ob die Handgranate einen Zünder hatte, sei noch unklar, sagte Staatsanwalt Johannes-Georg Roth. Das sei jedoch entscheidend dafür, ob es sich bei der Tat um ein schwerstes Verbrechen oder um eine vorgetäuschte Straftat mit Bedrohung und Nötigung handele. Augenzeugen für den Handgranaten-Wurf selbst gibt es nach ersten Erkenntnissen der Ermittler nicht.
Beck: Straßenterror
Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) äußerte sich bestürzt. Die Täter dürften nicht ungestraft davonkommen, sagte er in Berlin. Der innenpolitische Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion, Volker Beck, sprach von „Straßenterror“. Der Grünen-Fraktionsvorsitzende Anton Hofreiter sagte: „Wir müssen genauer hinhören, wer mit welchen Parolen dem Rechtsextremismus in Deutschland Vorschub leistet.“ Die Linke im Bundestag nannte die Tat einen „rechtsterroristischen Anschlag“ und „eine neue Dimension der Gewalt“.
Ein Entschärfung der Flüchtlingsdebatte mahnte der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) an. „Wir müssen darauf hinarbeiten, dass die enorme gesellschaftliche Polarisierung, die derzeit zu beobachten ist, entschärft wird“, sagte Kretschmann dem Tagesspiegel. Dabei seien alle Demokraten gefordert. Denn die Schärfe der Auseinandersetzung sei eine Bedrohung für das Gemeinwesen. Noch sei unklar, wer die Tat verübt und wem der Angriff gegolten habe. Die Kriminellen müssten dingfest gemacht und vor Gericht gestellt werden, sagte Kretschmann.
Diakonie: eine neue Dimension der Gewalt gegen Ausländer
Auch das Diakonische Werk Baden reagierte mit Entsetzen. Diakoniechef Urs Keller sagte in Karlsruhe, „eine neue Dimension der Gewalt gegen Ausländer in Deutschland“ sei erreicht. Nun gelte es, schnellstmöglich die Hintergründe aufzuklären. Die Diakonie ist in der betroffenen Erstaufnahmestelle in Villingen mit der Asylverfahrensberatung beauftragt und mit drei Mitarbeitern vor Ort.
Auch der Vorsitzende des Zentralrats Deutscher Sinti und Roma, Romani Rose, verurteilte die Tat. Der Vorfall zeige, „dass gewaltbereite Rechtsextremisten durch ihre Taten den Frieden in unserer Gesellschaft gefährden und uns auseinanderdividieren wollen“.
Pfefferspray-Angriff auf Flüchtlinge
Derweil verbreitet eine weitere Attacke auf eine Flüchtlingsunterkunft im baden-württembergischen Heilbronn Angst. Vier Flüchtlinge sind dort nach einem Pefferspray-Angriff ins Krankenhaus gekommen wergen Atemwegsbeschwerden. Zwei weitere Flüchtlinge wurden ähnlich verletzt. Der Polizei zufolge hatten dort Unbekannte am Sonntagnachmittag in dem Gebäude eine Pfefferspray ähnliche Substanz versprüht. Das Haus musste geräumt werden. Zu Tätern und Motiv haben die Ermittler den Angaben zufolge keine Hinweise. (epd/mig) Aktuell Gesellschaft
Wir informieren täglich über das Wichtigste zu Migration, Integration und Rassismus. Dafür wurde MiGAZIN mit dem Grimme Online Award ausgezeichnet. Unterstüzte diese Arbeit und verpasse nichts mehr: Werde jetzt Mitglied.
MiGGLIED WERDEN- Fachkräftemangel vs. Abschiebung Pflegeheim wehrt sich gegen Ausweisung seiner Pfleger
- „Diskriminierend und rassistisch“ Thüringer Aktion will Bezahlkarte für Geflüchtete aushebeln
- Verwaltungsgerichtshof Nürnberg muss Allianz gegen rechts verlassen
- Ein Jahr Fachkräftegesetz Bundesregierung sieht Erfolg bei Einwanderung von…
- Brandenburg Flüchtlingsrat: Minister schürt Hass gegen Ausländer
- Chronisch überlastet Flüchtlingsunterkunft: Hamburg weiter auf Zelte angewiesen
Pingback: Dieses Land ist #nichtmehrmeinLand - MiGAZIN
„Zu den Hintergründen der Tat wollte die Polizei am Dienstag aus ermittlungstaktischen Gründen noch nicht detailliert Auskunft geben. Sie äußerte allerdings eine Vermutung: „Konflikte, die zwischen den im Schwarzwald-Baar-Kreis tätigen Sicherheitsunternehmen bestehen“, dürften die Ursache sein, hieß es in der Mitteilung. Anhaltspunkte für eine fremdenfeindliche Tat hätten sich für die Sonderkommission „Container“ nicht ergeben.“ sagt der SWR
Das zeigt wie hysterisch wir im Moment auf alles reagieren was sich in und um Flüchtlingsheime ereignet. Die Rechten werden jetzt in ihren Kammern sitzen und vor Lachen auf ihre Schenkel klopfen. Wir alle sollten damit aufhören die Empörungswelle immer weiter aufzuschaukeln und unreflektiert wie wahnsinnig loszubrüllen. Das dient nämlich nicht der Sicherheit in den Flüchtlingsunterkünften, sondern schürt den Verdacht daß alles was passiert direkt verwendet wird um den Protest der Einwanderungspolitik-Gegner zu kriminalisieren. Es wird Zeit daß Ruhe und Sachlichkeit zur Grundlage der Diskussionen wird. Die wirklichen Taten rücken durch das unreflektierte und fast schon reflexartige Geschrei bei solchen Medlungen immer mehr in den Hintergund und solche Vorkommnisse werden unter Garantie zur Relativierung der wirklichen Situation mißbraucht. Ich habe mehr und mehr das Gefühl daß es inzwischen nur noch beiden Lagern (Befürworter und strikte Gegner der Flüchtlingspolitik) darum geht am heftigsten auf die anderen einzudreschen. Das hilft niemanden! Weder den Flüchtlingen, noch den besorgten Bürgern und schon gar nicht den Sympathisanten einer unglaublich hohen Zahl von Einwandernden. Es zerreißt unsere Gesellschaft. Der Riß ist schon deutlich erkennbar und wenn jetzt nicht alles getan wird daß dieser Riß wieder schrumpft, sehe ich dunkle Zeiten aufziehen. Ohne eine funktionierende Zivilgesellschaft die geschlossen einer Krise begegnen will findet kein Flüchtling den Schutz und die Ruhe die er sucht, keinem Bürger der mit Skepsis die Entwicklung beobachtet wird diese Skepsis genommen, kein Helfer wird die Früchte seiner Hilfsbereitschaft sehen können und das politische System wird drastisch durchgewirbelt und wer weiß ob es dann noch lange handlungsfähig ist. Das sollte jeder der sich hier oder anderswo mit dem Brustton der Überzeugung so grenzenlos über alles und jeden empört einmal bedenken. Oft ist die eigene Reaktion nur Wasser auf die Mühlen des jeweils anderen. Dieser Fall zeigt das in reinster, mustergültiger Form