Flüchtlingspolitik
Probleme und Positionen wichtiger EU-Länder
EU-Länder suchen händeringend nach einer Lösung zur Bewältigung der Flüchtlingssituation, allerdings dominieren Alleingänge und nationale Interessen den Diskurs. Welches Land vertritt welche Position und warum? Ein Überblick:
Von Phillipp Saure Dienstag, 08.03.2016, 8:20 Uhr|zuletzt aktualisiert: Dienstag, 08.03.2016, 17:52 Uhr Lesedauer: 3 Minuten |
Deutschland
Deutschland ist ein Hauptziel von Flüchtlingen und Migranten. Kritiker werfen Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) vor, sie habe eine große Anzahl von ihnen überhaupt erst zum Kommen angeregt, als sie im September 2015 Tausende in Ungarn gestrandete Menschen nach Deutschland einreisen ließ. Bisher hält die Bundesregierung Kurs und setzt auf eine „europäische Lösung“ statt nationale Alleingänge. Die entscheidende Staatsgrenze in der Flüchtlingskrise liegt für Merkel nicht zwischen Bayern und Österreich oder Griechenland und Mazedonien, sondern zwischen Griechenland und der Türkei: Die Türkei soll verhindern, dass sich Flüchtlinge überhaupt auf den Weg in die EU machen, und zusammen mit Griechenland, EU- und Nato-Hilfe die Grenze kontrollieren.
Griechenland
Griechenland ist das Land, in dem die allermeisten Flüchtlinge das erste Mal EU-Boden betreten. Bleiben will die Mehrzahl aber nicht, sondern weiter nach Mitteleuropa. Monatelang galt Griechenland deshalb als „Transitland“. Das hat sich mit der Schließung der Grenze durch Mazedonien geändert. Jetzt sitzen die Flüchtlinge in Griechenland fest. Zugleich dringt die übrige EU auf einen wirksameren Schutz der Grenze zur Türkei. Das schon durch die Finanzkrise gebeutelte Land fühlt sich alleingelassen und verlangt mehr europäische Solidarität. Regierungschef Alexis Tsipras sagte: „Die Flüchtlingskrise kann nicht ein Land allein bewältigen.“
Österreich und Balkanländer
Auch Österreich wollte eigentlich eine europäische Lösung. Das Land hat aber schon so viele Flüchtlinge aufgenommen, dass es sich überfordert sieht und deshalb vorerst auf nationale Maßnahmen und die Zusammenarbeit mit den Balkanländern setzt. Österreich steht Mazedonien in der Grenzsicherung bei, um Menschen schon an der Grenze zu Griechenland aufzuhalten. Mit einer Migrationskonferenz stieß Wien sowohl Athen als auch Berlin vor den Kopf, die beide nicht eingeladen wurden. Andererseits hat Deutschlands Nachbar gemessen an der Einwohnerzahl mit die meisten Menschen aufgenommen und verweigert sich einer weiteren Aufnahme nicht völlig: 37.500 Flüchtlinge sollen dieses Jahr kommen dürfen.
Frankreich
Frankreich ist traditionell Deutschlands engster EU-Verbündeter. Dementsprechend versicherte Präsident François Hollande am Freitag in Paris, beide hätten in der Flüchtlingspolitik die gleiche Antwort, nämlich „Europa“. Allerdings zeigten sich beim Thema Kontingente, also der Aufnahme von Flüchtlingen direkt aus der Türkei und anderen Drittländern, keine konkreten Fortschritte. Immerhin steht Frankreich zur Aufnahme von 30.000 Menschen. Dabei geht es um die bereits beschlossene innereuropäische Umverteilung von 160.000 Flüchtlingen.
Ungarn und Osteuropa
Budapest lehnt Flüchtlinge ziemlich unverblümt ab. Regierungschef Viktor Orbán beschwor vor kurzem in der „Bild“-Zeitung die „Treue zur Nation“ und erklärte: „Wer sich massenhaft nicht registrierte Zuwanderer aus Nahost ins Land holt, importiert auch Terrorismus, Kriminalität, Antisemitismus und Homophobie.“ Ähnliche Ansichten gibt es in anderen osteuropäischen Staaten. Wie Ungarn hat die Slowakei gegen die Umverteilung von Flüchtlingen vor dem Europäischen Gerichtshof geklagt. Eine Schwachstelle der Osteuropäer ist ihre Abhängigkeit von Transferzahlungen aus Brüssel. Immer wieder brachten Europapolitiker Finanzsanktionen gegen Länder ins Spiel, die sich in der Flüchtlingsfrage unsolidarisch zeigen.
EU-Kommission
Die EU-Kommission setzt schon von Amts wegen auf eine europäische Lösung, zudem wird sie vom eingefleischten Europäer Jean-Claude Juncker geführt. Beim Kampf gegen nationale Alleingänge steht Brüssel damit an der Seite Berlins. Das hielt die Behörde allerdings nicht davon ab, im Februar auch Deutschland dafür zu rügen, dass es in der Flüchtlingskrise manche Verpflichtung zwar eingegangen ist, aber noch nicht erfüllt hat. (epd/mig) Aktuell Politik
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