Turbo-Verfahren
Studie empfiehlt Reform der Asylverfahren
Asylverfahren dauern in Deutschland lange und belasten die öffentlichen Kassen. Die Schweiz unterstützt Antragsteller mit Rechtsbeiständen und hat schnellere Verfahren. Einer aktuellen Studie zufolge könne Deutschland vom Nachbarn lernen. Pro Asyl ist skeptisch.
Montag, 14.03.2016, 8:21 Uhr|zuletzt aktualisiert: Mittwoch, 08.01.2020, 15:44 Uhr Lesedauer: 2 Minuten |
Asylverfahren in Deutschland können laut einer Studie der Bertelmann Stiftung deutlich verbessert und beschleunigt werden. Um den Bearbeitungsstau aufzulösen, müssten die Verfahren von unbegründeten Anträgen entlastet und das Asylsystem für Schutzbedürftige optimiert werden, teilte die Stiftung am Freitag in Gütersloh auf Grundlage einer aktuellen Studie mit.
Pro Asyl warnte hingegen vor „Turbo-Verfahren“: Bei einer Schnell-Kategorisierung in aussichtsreiche und weniger aussichtsreiche Fälle komme eine individuelle Prüfung zu kurz. Auch die Diakonie mahnte, weiter auf den Einzelfall zu blicken.
Nach einer aus der Studie abgeleiteten Empfehlung sollten schutzbedürftige Flüchtlinge schneller einen positiven Bescheid bekommen, Asylanträge mit geringen Aussichten hingegen zügiger abgelehnt werden. Verbessert werden könne die Qualität der Verfahren zudem durch Rechtsbeistände. Gemeinden könnten durch Bundeszentren für Flüchtlinge entlastet werden.
Vorbild Schweiz
Die Studie verweist auf das im Jahr 2012 reformierte System in der Schweiz. Dort würden die Verfahren durch eine umgehende Einteilung nach Prioritäten beschleunigt, erklären die Autoren der Studie. So werden eindeutige Fälle schnell positiv oder negativ entschieden, teilweise innerhalb von 48 Stunden. Die Kürze der Verfahren habe dazu geführt, dass Menschen aus bestimmten Ländern nur noch wenige Anträge stellten. Das Aufnahmesystem werde entlastet.
In einer zweiten Kategorie würden komplexere Verfahren erfasst, bei denen weitere Nachforschungen nötig sind, hieß es. Diese Anträge werden der Studie zufolge innerhalb von 140 Tagen entschieden. Der Bund entlaste in der Schweiz die Kantone und Gemeinden, indem die Asylbewerber zunächst zentral in Verantwortung des Bundes untergebracht werden. Zugleich werde die Qualität der Verfahren durch staatlich finanzierte Rechtsbeistände für die Flüchtlinge verbessert.
Pro Asyl skeptisch
Deutschland könne das Modell zwar nicht blind kopieren, erklärte der Vorstand der Bertelsmann Stiftung, Jörg Dräger. Die Asylreform der Schweiz zeige jedoch, dass der Spagat zwischen schnellerer Bearbeitung und mehr Qualität gelingen könne.
Die Flüchtlingshilfsorganisation Pro Asyl bewertete die Vorschläge skeptisch. Zwar seien schnellere Asylverfahren wünschenswert, sagte der stellvertretende Geschäftsführer Bernd Mesovic dem Evangelischen Pressedienst (epd) in Frankfurt am Main. Jede Art von beschleunigten Verfahren müsse sich aber der Frage stellen, wie Rechtsstaatlichkeit zu gewährleisten sei. Anstelle von „Turbo-Verfahren“ innerhalb von 48 Stunden sei „eine vernünftige Gesamtorganisation inklusive personeller Ausstattung“ nötig. (epd/mig) Aktuell Politik Studien
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