Daumen hoch?
Eine Informationsbroschüre für Flüchtlinge sorgt für Irritationen
Immer wieder wird diskutiert, wie man Flüchtlingen Werte und Regeln in Deutschland vermittelt kann. Jetzt hat der Schwarzwald-Baar-Kreis einen Info-Comic herausgegeben. Kann das darin verwendete "Daumen hoch"-Symbol missverstanden werden? Von Christine Süß-Demuth
Von Christine Süß-Demuth Freitag, 01.04.2016, 8:20 Uhr|zuletzt aktualisiert: Sonntag, 03.04.2016, 19:42 Uhr Lesedauer: 2 Minuten |
Villingen-Schwenningen (epd). Mit einem neu herausgegebenen Info-Comic vermittelt der Schwarzwald-Baar-Kreis Flüchtlingen, welche Werte und Regeln im Alltag in Deutschland wichtig sind. Ohne viele Worte, aber mit vielen Bildern werden in der Broschüre mit dem Titel „Ankommen in Deutschland – Informationen für Flüchtlinge“ auf fast 40 Seiten wichtige Alltagsthemen angesprochen.
Die Comiczeichnungen des Berliner Grafikerpaars Heike Reinsch und Titus Ackermann zeigen Figuren, die über unterschiedliche Themen sprechen und „Meinungen zulassen“. Zu sehen sind etwa ein Mann und eine Frau mit zwei Kindern, ein schwules und ein lesbisches Paar und ein Mann in Frauenkleidern. Darüber steht: „Sexualität tolerieren“ nicht nur in Deutsch, sondern auch in Englisch, Persisch und Arabisch. Dazu das „Daumen hoch“-Symbol. „Daumen runter“ bekommen solche Zeichnungen von Handlungen, die in Deutschland inakzeptabel sind: etwa eine Frau begrapschen. Erreicht werden sollen damit alle Flüchtlinge, insbesondere aber diejenigen, die nicht die gängigen Sprachen lesen können oder sogar Analphabeten sind.
Seitdem der Südwestrundfunk (SWR) über die Broschüre berichtet hat, wird über das „Daumen hoch“-Symbol im Netz kontrovers diskutiert. Das Zeichen steht in Europa und Nordamerika für „super“, „alles in Ordnung“ oder „gefällt mir“. Doch einige Nutzer haben darauf hingewiesen, dass der nach oben zeigende Daumen in arabischsprachigen Ländern als obszöne Geste gelte. Er entspreche der Bedeutung des gestreckten Mittelfingers.
Die Berliner Tageszeitung „taz“ schreibt, dass Flüchtlinge merken würden, „dass hier ein Missverständnis vorliegen muss.“ Trotzdem kommentiert sie die Broschüre als peinlichen Ausrutscher „für diejenigen, die hier interkulturelle Kompetenz vermitteln wollten – und stattdessen einfach mal den interkulturellen Stinkedaumen in die Runde gezeigt haben“.
„Quatsch“, sagte Pressesprecherin Heike Frank dem Evangelischen Pressedienst. „Wir haben das Symbol nicht aus Gedankenlosigkeit verwendet.“ In Zeiten moderner Kommunikationsmittel, die auch von Flüchtlingen genutzt würden, werde das „Daumen hoch“-Symbol international verstanden. Nicht zuletzt werde das Symbol weltweit etwa auch im Internet bei Facebook zum „Liken“ verwendet.
Auch Zeichner Titus Ackermann weist die Bedenken zurück. Er habe die Broschüre vor Veröffentlichung Zeichnerkollegen im Libanon und in Ägypten gezeigt. Dabei sei es aber nicht um das Symbol gegangen, sondern vielmehr darum, ob die Zeichnungen in deren Kulturkreis verstanden würden. Er habe nur positive Rückmeldungen erhalten, sagte Ackermann dem Evangelischen Pressedienst. Keiner habe ihn darauf angesprochen, dass das Zeichen als „Stinkefinger“ missverstanden werden könne. (epd/mig) Aktuell Gesellschaft
Wir informieren täglich über das Wichtigste zu Migration, Integration und Rassismus. Dafür wurde MiGAZIN mit dem Grimme Online Award ausgezeichnet. Unterstüzte diese Arbeit und verpasse nichts mehr: Werde jetzt Mitglied.
MiGGLIED WERDEN- Fachkräftemangel vs. Abschiebung Pflegeheim wehrt sich gegen Ausweisung seiner Pfleger
- „Diskriminierend und rassistisch“ Thüringer Aktion will Bezahlkarte für Geflüchtete aushebeln
- Verwaltungsgerichtshof Nürnberg muss Allianz gegen rechts verlassen
- Brandenburg Flüchtlingsrat: Minister schürt Hass gegen Ausländer
- Ein Jahr Fachkräftegesetz Bundesregierung sieht Erfolg bei Einwanderung von…
- Chronisch überlastet Flüchtlingsunterkunft: Hamburg weiter auf Zelte angewiesen
Diese Umerziehungsversuche sind einfach lächerlich, v
a weil sie unserer Realität hier in DE widersprechen. Wir haben eine Kanzlerin Merkel, die sich kritisch über Homosexualität äußern kann. Auch das gehört zum freiheitlich demokratischen Zusammenleben in einer pluralistischen Gesellschaft. Dass jeder das gut und moralisch verwerflich finden mag, was seiner Überzeugung entspricht. Es gibt kein Gebot, für alles offen zu sein und das sind im übrigen die meisten Deutschen nicht! Wieso also von Flüchtlingen eine Offenheit erzwingen, die nicht einmal das GG gebietet?! Das ist eine perfide Form der Meinungsmanipulation, wenn man versucht, neu hinzugekommenen den Eindruck zu vermitteln, sie müssen alles gutheißen und dürfen keine eigenen, strengeren Wertmaßstäbe anlegen. So ist das in DE nicht! Der Staat gibt nicht vor, wie ein gutes Leben zu führen ist. Und über Gleichgeschlechtliche Partnerschaften und ihr Recht Kinder zu adoptieren wird hier zu Recht vehement gestritten. Nur zur Erinnerung : es war nie der demokratisch legitimierte Gesetzgeber, der die Gleichstellung von selbst legitimierte hätte, sondern die Rspr des Bundesverfassungsgerichts, das dies forciert! Also von wegen, alles so selbstverständlich hier. Fragen Sie mal Herrn Norbert Geis, oder andere CDU/CSU Abgeordnete, die immerhin seit Jahren den Regierungsauftrag vom dt Volk erhalten.
@Magistrat: Aber das spricht doch eher dafür, die Broschüre den von Ihnen angesprochenen Personen(gruppen) ebenfalls zukommen zu lassen, damit sie ihr Handeln nach dem Grundgesetz ausrichten ;)
Zur Geste des hochgestreckten oder gesenkten Daumens siehe:
http://www.zeit.de/2005/10/Stimmt_s_P_10
Vielleicht könnte man den gesenkten Daumen auf Grund der Gladiatorenfilme auch als Todesdrohung verstehen.
Möglichkeiten zum Missverständnis von Gestik und Symbolen in anderen Kulturkreisen gibt es manche: In den arabischen Ländern schnalzt man zur Verneinung mit der Zunge, anstatt den Kopf seitwärts zu schütteln. Die meisten westlichen Nichtmuslime wissen mit dem nach oben oder nach vorn gerade ausgestreckten Zeigefinger der Muslime nichts anzufangen.
Im hinduistischen und buddhistischen Kulturkreis hat das Hakenkreuz (Swastika) eine ganz andere Bedeutung als in Deutschland.
—
Immer wieder wird diskutiert, wie man Flüchtlingen Werte und Regeln in Deutschland vermittelt kann
—
Diese Sichtweise setzt voraus, dass man Flüchtlinge aus arabischen Ländern für unzivilisierte Hinterwäldler hält. Wir erfahren damit vor allem, mit welch einer selbstverliebten Arroganz die Oberlehrer der Nation ticken, aber fast nichts über Ausländer.