Streit um sichere Herkunftsländer
Union und SPD setzen Grüne unter Druck
Der Streit um die Ausweitung der sogenannten sicheren Herkunftsländer geht weiter. Union- und SPD-Politiker appellieren an die Grünen, dem Vorhaben im Bundesrat zuzustimmen.
Montag, 13.06.2016, 8:22 Uhr|zuletzt aktualisiert: Dienstag, 14.06.2016, 18:42 Uhr Lesedauer: 3 Minuten |
Politiker von Union und SPD drängen die Grünen, die Ausweitung der sogenannten sicheren Herkunftsländer im Bundesrat zu billigen. „Wenn die Grünen nicht für die Einstufung von Marokko, Tunesien und Algerien als sichere Herkunftsstaaten stimmen, dann machen sie sich zum Gehilfen für massenhaften Asylmissbrauch“, sagte CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer der Passauer Neuen Presse.
SPD-Chef Sigmar Gabriel betonte, die Einstufung bedeute nicht, dass das Recht auf Asyl für Menschen aus diesen Staaten wegfalle. „Nur müssen die Betroffenen belegen, dass sie wirklich politisch verfolgt werden.“ Er hoffe, dass der Bundesrat zustimmen werde, sagte er den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Der Vize-Kanzler bekräftigte, dass die niedrige Anerkennungsquote für Asylbewerber aus diesen Ländern die Einstufung als sicher rechtfertige.
Die vom Bundestag bereits gebilligte Ausweitung der sicheren Herkunftsländer könnte am Freitag im Bundesrat am Widerstand der Grünen scheitern, die in zehn Bundesländern an der Regierung beteiligt sind. Grünen-Bundesgeschäftsführer Michael Kellner stellte im Kölner Stadt-Anzeiger klar, dass es „nach jetzigem Stand“ im Bundesrat keine Mehrheit für das Gesetz gebe. „Ich halte das auch für ein gutes Signal“, betonte er. Denn in den genannten Ländern würden Menschen unter anderem wegen ihrer sexuellen Orientierung verfolgt.
Union übt Druck aus
Unions-Fraktionsvize Stephan Harbarth (CDU) bezeichnete die Argumente der Grünen als „fadenscheinig“. „Durch die Einstufung wird kein einziger Asylantrag automatisch abgelehnt“, unterstrich er. „Es bleibt auch nach der Einstufung bei einer Einzelfallprüfung, in der der Antragsteller seine Schutzbedürftigkeit darlegen kann.“
Druck übt auch Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) aus. Er appelliert an die Länder, im Bundesrat zuzustimmen. „Eine Ablehnung wäre pure sinnlose Ideologie“, sagte de Maizière der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung. Er betonte, dass tatsächlich Verfolgte aus diesen Ländern auch weiterhin in Deutschland Asyl erhalten würden. „Für jeden Asylantrag gilt die Einzelfallprüfung“, erklärte der Minister. Selbstverständlich werde Schutz gewährt, wenn dafür Gründe vorlägen. Aber weil die Quote anerkannter Asylbewerber aus diesen Ländern sehr niedrig sei, „ist eine Zustimmung zu dem Gesetz für die Grünen wirklich zumutbar“, unterstrich er.
Sicher heißt „offensichtlich unbegründet“
Asylanträge von Menschen aus sogenannten sicheren Herkunftsstaaten können in Schnellverfahren behandelt und in aller Regel als „offensichtlich unbegründet“ abgelehnt werden. Angesichts steigender Flüchtlingszahlen hatte der Gesetzgeber in den vergangenen zwei Jahren auch die sechs Balkanstaaten Bosnien-Herzegowina, Albanien, Montenegro, Mazedonien, Kosovo und Serbien als sicher eingestuft.
Für besonderen Zündstoff sorgt das Thema in der grün-schwarzen Koalition in Baden-Württemberg. Innenminister Thomas Strobl (CDU) sagte der Heilbronner Stimme, er erwarte, dass das Bundesland am kommenden Freitag im Bundesrat wie im Koalitionsvertrag vereinbart zustimme. „Ich halte Verlässlichkeit für ein hohes Gut in der Politik. Ich gehe davon aus, Herr Kretschmann sieht das genauso.“ Strobl erklärte, seit den schwarz-grünen Koalitionsverhandlungen habe sich die Menschenrechtslage in den betroffenen Staaten nicht verändert.
Im Koalitionsvertrag wurde festgehalten, dass die Landesregierung der Erweiterung des Kreises der sicheren Herkunftsstaaten zustimmen wird, „falls die entsprechenden hohen verfassungsrechtlichen Voraussetzungen vorliegen“. Ministerpräsident Winfried Kretschmann sieht wie andere Grünen-Politiker die Asylrechtsverschärfung unter anderem deshalb kritisch, weil Homosexualität in den Maghreb-Staaten strafbar ist. (epd/mig) Aktuell Politik
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