Fahren in den Urlaub
„Wann sind wir endlich da?“
In Bremen und Niedersachsen haben die Sommerferien begonnen. Vor allem Familien mit ausländischen Wurzeln fahren gerne aus Kostengründen und der Mobilität wegen mit dem Auto in den Urlaub. Doch die Fahrt ist lang und die Kinder zappelig. Experten geben Tipps, wie Familien lange Fahrten gut überstehen.
Von Leonore Kratz Mittwoch, 22.06.2016, 20:20 Uhr|zuletzt aktualisiert: Donnerstag, 23.06.2016, 14:22 Uhr Lesedauer: 3 Minuten |
Die Sonne knallt aufs Autodach, das Ende des Staus ist nicht abzusehen, zum Urlaubsort dauert es noch Stunden, und dann diese Frage von der Rückbank: „Wann sind wir endlich da?“ Auch Pastor Jens Blume aus Timmel in Ostfriesland kennt sie von langen Fahrten nach Innsbruck mit seinen fünf Kindern. „Je früher die Frage kommt, desto schlimmer für den Fahrer“, erinnert sich der 48-Jährige. Aber er und seine Frau haben ihren Kindern, die zwischen drei und 17 Jahre alt sind, immer ehrlich geantwortet und das wiederholte Nachbohren ernst genommen: „Das ist keine Quengel-Frage.“
Auch die Psychologin Birgit Derntl von der Universität Tübingen rät Eltern, ihre Kinder nicht anzulügen. „Auch wenn die Antwort ‚gleich‘ eine kurze Entlastung bietet, wird das Kind es beim dritten Mal nicht mehr glauben.“ Da Kinder schwer abschätzen könnten, wie lange drei Stunden dauern, empfiehlt Derntl, „in der Kinderzeit zu bleiben“. Spiele das Kind beispielsweise im Fußballverein, dauere die Fahrt eben noch vier Halbzeiten.
Stress auf langen Autofahrten ist nach Einschätzung der Psychologin normal. „Stress entsteht immer dann, wenn Ressourcen an Grenzen stoßen.“ Eigentlich sei das Stressgefühl etwas Gutes, weil es im Menschen Extrakräfte freisetze. „Problematisch wird es, wenn wir nicht wissen, wie lange die Stresssituation dauert und wir sie nicht kontrollieren können.“ Umso wichtiger sei es, zwischendurch für Entspannung zu sorgen.
Das Angebot, dass den Kindern Abwechslung verschafft, ist mittlerweile groß. Buchhändlerin Martha Lang empfiehlt für die Fahrt in die Ferien sogenannte Mitmach-Bücher zum Malen, Rätseln und Basteln. Die Bücher über Ritter, Dinosaurier oder Piraten seien nicht teuer und müssten eine Autofahrt ja nicht unbedingt überleben. „Hauptsache, die Kinder haben Spaß und können auf der langen Fahrt etwas machen“, sagt Lang, die in der Buchhandlung an der Marktkirche in Hannover für die Kinder- und Jugendabteilung verantwortlich ist.
Eltern, die unterwegs ohne Übelkeit lesen können, legt Lang die „Tierisch-tollen Minutengeschichten zum Vorlesen“ ans Herz. Eine Geschichte dauert drei, fünf oder sieben Minuten. „Zwischendurch zum Runterkommen ist das gut geeignet.“
Das Buch als Reisebegleiter oder ein Tablet – da gehen die Meinungen auseinander. Für Psychologin Derntl darf die Elektronik schon mal dabei helfen, eine Autofahrt zu entlasten. „Eltern sind nicht automatisch Rabeneltern, wenn sie ihren Kindern ein Tablet geben.“ Zwar verstärkten gemeinsames Spielen und Singen das Gemeinschaftsgefühl mehr als Stöpsel im Ohr. Aber: „Was bei der einen Familie funktioniert, muss nicht automatisch bei der anderen Familie funktionieren.“
Generell rät die Psychologin, den Druck rauszunehmen. Die meisten Menschen erwarteten, als harmonische Familie in den perfekten Urlaub zu fahren. „Dabei wird leicht vergessen, dass es sich immer noch um dieselben Menschen handelt, die im Alltag mal die Socken nicht weg- oder die Spülmaschine nicht ausräumen.“ Wichtig sei es, miteinander und mit den Kindern zu sprechen – zum Beispiel über die Pausengestaltung während der Fahrt.
Bei Familie Blume gehören die Pausen zu den Höhepunkten. „Da haben wir ganz schöne Erinnerungen, wie wir mit Eiern und Schinkenbroten neben der rauschenden Autobahn sitzen“, erzählt der Pastor. Auch Musik ist fester Bestandteil der Fahrten. „Wir hatten immer eine CD oder Kassette, die rauf und runter gehört zur Musik der Tour wurde.“ (epd/mig) Aktuell Feuilleton
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