Jenseits des Mainstreams
Mit Literatur aus Afrika gegen den Strom
Literatur aus Afrika und Lateinamerika sowie Kinderbücher verlegt der Wuppertaler Peter-Hammer-Verlag. Was zunächst nicht zusammenzupassen scheint, hat Methode: Der kleine Verlag setzt auf ein Programm jenseits des Mainstreams - seit 50 Jahren.
Von Frank Bretschneider Freitag, 29.07.2016, 8:20 Uhr|zuletzt aktualisiert: Sonntag, 31.07.2016, 23:11 Uhr Lesedauer: 3 Minuten |
Dem Maulwurf fällt ein Häufchen auf den Kopf. Aber wer war’s? Von der Suche nach dem Übeltäter erzählt das Kinderbuch „Vom kleinen Maulwurf, der wissen wollte, wer ihm auf den Kopf gemacht hat“. Das 1989 erschienene Werk von Wolf Erlbruch (Illustrationen) und Werner Holzwarth (Text) ist mit 1,5 Millionen verkauften Exemplaren im deutschsprachigen Raum der bislang größte Erfolg des Wuppertaler Peter Hammer Verlags, der am 18. Juli sein 50-jähriges Bestehen gefeiert hat.
Doch der kleine, seit seiner Gründung unabhängig arbeitende Verlag ist nicht allein für sein Programm an Kinder- und Jugendbüchern bekannt. Weiterer Schwerpunkt ist Literatur aus Afrika und Lateinamerika, die im deutschsprachigen Verlagswesen einen eher schweren Stand hat. Was auf den ersten Blick thematisch vielleicht nicht zusammen passen mag, hat Methode: „Das Programm spiegelt den Geist des Hauses, weil es gegen den Strom schwimmt“, sagt Verlagschefin Monika Bilstein.
Das Gegen-den-Strom-Schwimmen ist seit der Gründung die Leitlinie des Verlags, der 1966 aus dem Wuppertaler Jugenddienst-Verlag hervorging. Dafür spricht schon der Name Peter Hammer. Denn das ist nicht etwa der Verlagsgründer, sondern – niemand. Peter Hammer ist die wörtliche Übersetzung von „Pierre Marteau“, einem literarischen Pseudonym, das im 17. und 18. Jahrhundert Geschichte schrieb. Französische Autoren veröffentlichten unter diesem Namen oppositionelle, auch anrüchige Schriften, um sich dem Zugriff der Obrigkeiten zu entziehen.
„Es war das Subversive an diesem Namen, das den Verlagsgründern so gut gefallen hat“, erzählt Bilstein. Nicht selten sorgte der Name allerdings bei Anrufern für Irritationen: „Manche wollten Peter Hammer persönlich sprechen. Bis vor zwei Jahren hatten wir einen Kollegen, den man für Peter Hammer hielt“, berichtet die Verlagsleiterin schmunzelnd.
Zu den Gründungsmitgliedern des Verlags gehörte auch der spätere nordrhein-westfälische SPD-Ministerpräsident und Bundespräsident Johannes Rau (1931-2006). Mit seinem Wechsel in die Landespolitik 1967 gab Rau, gelernter Verlagsbuchhändler, die Verlagsleitung an den jungen Hermann Schulz ab, der den Verlag bis 2001 führte. Seitdem verantwortet Monika Bilstein die Geschäfte, unterstützt von einem kleinen Team aus vier Mitarbeiterinnen.
Höhen und Tiefen
In der 50-jährigen Verlagsgeschichte gab es für das Haus manche Höhen und Tiefen. Für Aufsehen sorgte 1974 das Aufklärungsbuch „Zeig mal!“. Die großformatigen, schwarz-weißen Bilder darin zeigen nackte Kinder und nackte Erwachsene, manchmal auch zusammen auf einem Foto. Es sind Zärtlichkeiten zu sehen, Geschlechtsteile in Nahaufnahme. Was viele Kritiker damals als Befreiungsschlag in der Aufklärungsliteratur sahen, erscheint heute in der Debatte um Pädophilie und den sexuellen Missbrauch von Kindern in einem anderen Licht. „Das Buch war ein Kind seiner Zeit. Das würden wir heute so nicht mehr machen“, räumt Bilstein ein.
Später brachte der Friedenspreis des Deutschen Buchhandels 1980 für den nicaraguanischen Priester und Dichter Ernesto Cardenal, dessen Werk bei Peter Hammer verlegt wird, dem Verlag Ansehen und neue Umsätze. Doch Fehlentscheidungen wie etwa eine zu hohe Auflagenplanung, die die Verlagsspitze freimütig einräumt, sowie eine gescheiterte Kooperation mit einem Partnerverlag hätten Mitte der 1980er Jahre fast das Aus bedeutet. Der große Erfolg des „kleinen Maulwurf“, der inzwischen in 35 Ländern erschienen ist, trug dann entscheidend zur Trendwende bei.
Das Bilder-, Kinder- und Jugendprogramm wurde unter Bilsteins Leitung stetig ausgebaut und ist heute nach ihren Angaben das umsatzstärkste Segment. Doch erst 2008 konnte der Bilanzverlust der Vergangenheit vollständig abgebaut werden. „Seitdem schreibt der Verlag durchgängig schwarze Zahlen“, sagt Bilstein. Zwischen 18 und 22 Titel erscheinen pro Jahr.
Für die Zukunft gibt sich die Verlagschefin weiter zuversichtlich, auch wenn für die Buchbranche die Zeiten durch die Ausbreitung großer, auf Mainstream setzender Buchhandelsketten und die Konkurrenz von Internethändlern wie Amazon nicht leichter geworden sind. „Wir haben mit unserem Nischenprogramm einen festen Platz“, sagt Bilstein: „Die Menschen mögen liebevoll ausgestatte Bücher.“ Aktuell Feuilleton
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