Angriff auf die Pressefreiheit
Neues Gesetz erlaubt BND schrankenlose Überwachung ausländischer Journalisten
Offenbar ist Deutschlands Sorge um die Pressefreiheit von ausländischen Journalisten kleiner als verlautbart. Einem Gesetzesentwurf zufolge soll der Bundesnachrichtendienst ausländische Journalisten in Zukunft uneingeschränkt überwachen dürfen. Verbände befürchten einen massiven Angriff auf die Pressefreiheit.
Freitag, 05.08.2016, 8:20 Uhr|zuletzt aktualisiert: Sonntag, 07.08.2016, 21:32 Uhr Lesedauer: 2 Minuten |
Journalisten und Menschenrechtler haben am Donnerstag eine Kampagne gestartet, um ausländische Journalisten außerhalb der EU vor einer Überwachung durch den Bundesnachrichtendienst (BND) zu schützen. Ziel sei es, eine entsprechende Schutzklausel in der Neufassung des BND-Gesetzes durchzusetzen, über die der Bundestag derzeit berät, erklärten „Reporter ohne Grenzen“ (ROG) und weitere Unterzeichner einer Online-Petition in Berlin. Sie befürchten eine „globale Massenüberwachung des BND“ und damit einen Verstoß gegen die Pressefreiheit weltweit und gegen die Menschenrechte.
Zu dem internationalen Bündnis gehören neben „Reporter ohne Grenzen“ unter anderen Amnesty International, der Deutsche Journalisten-Verband (DJV), die Deutsche Journalisten Union in ver.di (dju), Netzwerk Recherche, die Europäische Journalisten-Föderation, das European Centre for Press and Media Freedom und der Journalistinnenbund. Die mehrsprachige Online-Petition können Menschen auf der ganzen Welt in den nächsten Wochen unterzeichnen. Mitte September soll sie den Fraktionen von CDU/CSU und SPD übergeben werden.
Schrankenlose Überachung
Im Entwurf des BND-Gesetzes ist vorgesehen, dass Journalisten und andere Berufsgeheimnisträger wie Ärzte, Anwälte und Seelsorger außerhalb der EU laut ROG „praktisch schrankenlos“ überwacht werden dürfen, wenn dies im Interesse Deutschlands ist. Eine Ausnahme, wonach Journalisten oder ganze Redaktionen nicht großflächig überwacht werden dürften, findet sich im Text nicht. Die Verbände sehen darin einen schwerwiegenden Angriff auf die Pressefreiheit weltweit.
„Es geht nicht an, dass der deutsche Auslandsgeheimdienst das Grundrecht der Presse- und Meinungsfreiheit völlig legal mit Füßen treten darf“, betonte der DJV-Vorsitzende Frank Überall. Auch die OSZE-Medienbeauftragte Dunja Mijatovic kritisierte den Gesetzesentwurf. „Die Überarbeitung des BND-Gesetzes ist ein Angriff auf die Pressefreiheit“, erklärte sie auf der OSZE-Website und forderte den Bundestag auf, das Vorhaben zu überdenken.
Wie ROG-Geschäftsführer Christian Mihr sagte, wären deutsche Journalisten im Ausland laut Gesetzestext zwar von der BND-Überwachung nicht betroffen. De facto würden sie aber im Rahmen der Telekommunikation im Ausland auch ins Netz des Geheimdienstes geraten. (epd/mig) Aktuell Politik
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Das geplante Gesetz kann in der Tat als generelles Misstrauen in freie journalistische Arbeit definiert werden, und man fragt sich, wo der Mehrwert einer solchen Regelung liegen soll. Eigentlich sollte doch die schlichte Lektüre der veröffentlichten Artikel eines Journalisten genügen, um seine politischen, ökonomischen oder gesellschaftlichen Standpunkte erkennen zu können. Und um mehr kann es doch nicht gehen in einem freiheitlichen Staatswesen.
Jedoch hört man auch aus anderen demokratischen Ländern von ähnlichen Vorhaben oder bereits bestehenden gesetzlichen Bestimmungen zur Beobachtung journalistischer Arbeit. Und das bei der NSA diese Beobachtungen längst gängige Praxis sind dürfte allen Realisten klar sein. Es ist also durchaus weltweite Kritik an diesen höchst unbehaglichen Versuchen zur Verunsicherung von Journalisten angebracht.
Weitaus größere Sorgen machen allerdings sollte uns das längst über das Beobachten hinausgehende aktive Zensieren ausländischer Journalisten z.b. in Russland oder der Türkei. Hier werden ausländische Reporter nicht nur eklatant in ihrer Tätigkeit eingeschränkt, sondern bei Unbotmäßig gegenüber den Regimen ohne Zögern ausgewiesen (wie Spiegel-Türkeikorrespondent Hasnain Kazim erst vor wenigen Wochen) oder, wie nicht selten russische Praxis, gar nicht erst ins Land gelassen. Und was diesbezüglich in China abgeht, kann nicht anders als glatt völker- und menschenrechtswidrig bezeichnet werden!
Diese völlig inakzeptablen Vorgehensweisen geben, bei aller berechtigten Kritik an überzogenen Gesetzgebungen auch demokratischer Staaten, zu schlimmeren Befürchtungen Anlass.
„Einem Gesetzesentwurf zufolge soll der Bundesnachrichtendienst ausländische Journalisten in Zukunft uneingeschränkt überwachen dürfen. “
Dieser Hinweis ist falsch und irreführend.
Im Artikel selbst heißt es:
„….ist vorgesehen, dass Journalisten und andere Berufsgeheimnisträger wie Ärzte, Anwälte und Seelsorger außerhalb der EU laut ROG „praktisch schrankenlos“ überwacht werden dürfen, wenn dies im Interesse Deutschlands ist.“
Es handelt sich also um deren Arbeit/Aktivitäten AUSSERHALB von EU-Ländern. NICHT in EU-Ländern.
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