Ausstellung
Merkels „Wir schaffen das!“ jetzt museumsreif
Für ihr "Wir schaffen das!" hat Merkel schon viel Kritik einstecken müssen. Mit spitzer Feder haben nun Karikaturisten den berühmten Satz der Kanzlerin kommentiert. Dabei wird es witzig, bissig oder nachdenklich - niemals aber hämisch oder unfair.
Von Andreas Rehnolt Freitag, 02.09.2016, 8:20 Uhr|zuletzt aktualisiert: Sonntag, 04.09.2016, 13:03 Uhr Lesedauer: 3 Minuten |
Es ist nicht die Freiheitsstatue, sondern die gezeichnete Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), die auf einem Sockel die Fackel in die Höhe reckt. Auf der Tafel in ihrem Arm prangt ihr weltberühmt gewordener Satz zu den Flüchtlingsströmen: „Wir schaffen das.“ Auf dem Sockel unter der Merkel-Statue heißt es: „Gebt mir Eure Müden, Eure Armen, Eure geknechteten Massen ….“. In der ab Sonntag zu sehenden Schau „Wir schaffen das!“ in der Ludwiggalerie Schloss Oberhausen nehmen bekannte Karikaturisten zeichnerisch die widersprüchliche europäische Flüchtlingspolitik aufs Korn.
In einer Karikatur von Heiko Sakurai geht es um die Bearbeitung von Asylanträgen. Da sitzt ein Berater einem Flüchtlingspaar gegenüber und sagt: „Die Kanzlerin hat das Integrationsgesetz deshalb als Meilenstein genannt, weil Ihr Weg zum Bleiberecht sehr lang sein wird.“ In einer Zeichnung einer Karikatur von Thomas Plaßmann geht es laut Untertitel um das Thema Humor im Integrationskurs. Der Lehrer lässt eine Flüchtlingsfrau über die „deutsche Leitkultur“ an die Tafel schreiben: „Sauber wie VW, Pünktlich wie die Bahn, ehrlich wie der DFB“.
„Willkommenskultur oder Festung Europa – kaum ein anderes Thema dominiert das tagespolitische Geschehen zurzeit stärker als die Flüchtlingskrise“, erklärt Museumsdirektorin Christine Vogt bei der Präsentation der bis zum 8. Januar terminierten Schau. Neben Karikaturen von Sakurai und Plaßmann sind auch Arbeiten des Karikaturisten Waldemar Mandzel zu sehen. Eine seiner „gezeichneten Kommentare“ zum Thema spießt die aktuelle politische Debatte auf: Sie zeigt Merkel mit Blick auf einen Garten, in dem ein einsamer Baum steht, der zusehends seine Wählergunst-Blätter verliert. Der Text dazu: „Herbst der Kanzlerin“.
Info: Die Ausstellung ist dienstags bis sonntags von 11 bis 18 Uhr geöffnet. Ludwig Galerie Schloss Oberhausen, Konrad-Adenauer-Allee 46, 46049 Oberhausen
Alle drei Karikaturisten haben sich mit Merkels programmatischem Satz „Wir schaffen dass!“ und ihrem damit verbundenen Kurs einer Willkommenspolitik zu Beginn der Flüchtlingskrise auseinandergesetzt. Eine Karikatur von Mandzel zeigt den deutschen Michel mitsamt Zipfelmütze, der eine gewaltige Weltkugel aufzuhalten versucht, auf der unendlich viele Menschen das Wort „Asyl“ rufen. Eine Karikatur von Plaßmann zeigt eine Vierergruppe von Flüchtlingen, der neben Eiern, Früchten und Gemüse auch Messer, brennende Fackeln, Hass und Hetze entgegen geschleudert werden. Der Text dazu: „Dunkeldeutschland.“
Die im Ruhrgebiet gebürtigen Karikaturisten gehören zu den herausragenden Vertretern der aktuellen politischen Karikatur in Deutschland. Alle drei verstehen sich mit ihrer Kunst als „Kommentatoren“, wie sie berichten. Vielfach stellen sie ihren Bildern nur ein oder mehrere Worte hinzu. „Die Bilder sprechen ja schon für sich selbst“, sagt Mandzel. Von Plaßmann stammt eine Karikatur, die eine junge Frau auf der Polizeiwache zeigt. In Anspielung auf die Silvester-Übergriffe in Köln im vergangenen Jahr sagt die junge Frau bei ihrer Anzeige: „Ich bin begrapscht worden.“ Die Antwort des Polizeibeamten: „Nordafrikaner, oder bloß so?“
Auch das Mittelmeer fehlt nicht in der Ausstellung. In einer Karikatur von Plaßmann zieht eine Kolonne von vollen Flüchtlingsbooten am Horizont vorbei. Auf der Brücke eines großen Schiffs steht der Kapitän und ruft ihnen durch das Megafon zu: „Wir haben dicht gemacht. Bitte kehren Sie um und erwarten Sie die Verbesserung Ihrer Lebensverhältnisse in Ihren Heimatgebieten.“
Die Karikaturisten sind erstmals mit ihren Werken gemeinsam in einer Schau vertreten sind. „Sehr überzeugend, auf welche verschiedenen Arten wir das Thema bearbeiten“, meint Plaßmann. Und Sakurai bekennt: „Da bin ich manchmal richtig neidisch auf eine bestimmte Idee der Umsetzung und manchmal auch echt deprimiert“. Mandzel kann der Flüchtlingskrise zumindest für den Berufsstand des Karikaturisten etwas Gutes abgewinnen: „Die Flüchtlingsströme gehen weiter, das sind gute Zeiten für Karikaturisten.“ (epd/mig) Aktuell Gesellschaft
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