Studie
Stimmung zu Flüchtlingen positiver als von Politikern dargestellt
Auch nach Terroranschlägen sind die Deutschen mehrheitlich positiv gegenüber Flüchtlingen eingestellt - obwohl das von Politikern und Medien oft anders dargestellt wird. So lautet die Einschätzung der evangelischen Kirche, die Menschen befragt hat.
Montag, 05.09.2016, 8:24 Uhr|zuletzt aktualisiert: Mittwoch, 08.01.2020, 15:44 Uhr Lesedauer: 3 Minuten |
Ein Jahr nach Angela Merkels Satz „Wir schaffen das“ hält sich die Anzahl der Deutschen, die dem zustimmen oder widersprechen, die Waage. Jeweils gut 34 Prozent hätten die Frage, ob Deutschland die Herausforderungen durch die Aufnahme der Flüchtlinge bewältigen wird, mit „Ja“ oder „eher Ja“ beziehungsweise mit „Nein“ oder „eher nicht“ beantwortet, heißt es in einer am Freitag vorgestellten Studie des Sozialwissenschaftlichen Instituts der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD).
Dabei tendiere die Stimmung im westlichen Bundesgebiet seit Februar 2016 „eher zum Positiven“, im Osten „überwiegt die skeptische Stimmung deutlich“, heißt es in der repräsentativen Studie. Nach wie vor gebe es mit 31 Prozent einen „beachtlichen Anteil von Befragten“, die keiner Position zuneigten.
Viele haben Angst vor Terroranschlägen
Das kirchliche Institut hat in den vergangenen zehn Monaten viermal zwischen 1.000 und 2.000 Menschen zu ihrer Einstellung gegenüber Flüchtlingen, gesellschaftlichen Veränderungen und im August 2016 auch zu ihrer Angst vor Terroranschlägen befragt.
Demnach hat die Hälfte der Bevölkerung Angst vor „islamistischen“ Terroranschlägen in Deutschland, ein knappes Drittel befürchtet, selbst Opfer eines Anschlags zu werden. Dabei seien diejenigen, die Angst vor Anschlägen hätten, auch eher skeptisch, ob das Land die Herausforderungen bewältigen könne. Deshalb sei „nicht auszuschließen, dass die Zuversicht im August 2016 sogar weiter angestiegen wäre, wenn es die Terroranschläge im Juli dieses Jahres nicht gegeben hätte“, schreiben die Verfasser der Studie.
Stabilität des öffentlichen Meinungsbilds
Der Leiter des Sozialwissenschaftlichen Instituts, Gerhard Wegner, spricht von einer „Stabilität des öffentlichen Meinungsbilds“ über die zehn Monate hinweg. Nach wie vor existiere eine „klare ethische Grundorientierung“ in der Diskussion über Flüchtlinge und Integration, sagte der Theologe. So ist laut Studie eine große Mehrheit davon überzeugt, Deutschland stehe mit der Aufnahme von Flüchtlingen „Menschen in existenzieller Not zur Seite“: Im November 2015 stimmten 88,4 Prozent dieser Aussage zu, im August waren es 85,4 Prozent.
Das widerspricht laut Wegner dem von Politikern und Medien vermittelten Bild: „Die mediale und politische Debattenlage der letzten Monate steht damit in einem Spannungsfeld zum Meinungsbild der Deutschen“, sagte Wegner.
Engagement für Flüchtlinge steigt
Die stellvertretende Ratsvorsitzende der EKD, Annette Kurschus, wies darauf hin, dass die Zahl der in der Flüchtlingshilfe engagierten Menschen von knapp elf Prozent im November 2015 auf knapp zwölf Prozent im Mai 2016 gestiegen sei. „Das Engagement für Flüchtlinge hat innerhalb kurzer Zeit seinen festen Platz im Ehrenamt Deutschlands gefunden“, sagte die Präses der Evangelischen Kirche von Westfalen. Dabei seien „Hilfe, Mitgefühl und zuversichtliches Anpacken aus tiefer Überzeugung aktuelle Realität“.
Zudem haben mehr Menschen Erfahrungen mit Flüchtlingen gemacht: Hatte im November noch die Hälfte keinen Kontakt zu einem Flüchtling gehabt, war es im August nur noch etwas mehr als ein Drittel. Diese Begegnungen verliefen eher gut, der Anteil von positiven Erfahrungen stieg von einem guten Viertel (26,2 Prozent) auf mehr als ein Drittel (37,2 Prozent).
Von der evangelischen Kirche erwarteten im August knapp 70 Prozent, dass sie sich für die Aufnahme der Flüchtlinge einsetzen soll. Davor waren es rund 75 Prozent. Fast zwölf Prozent hätten sich im August dazu nicht geäußert. Es könne sein, so die Verfasser der Studie, „dass hier eine Unsicherheit zum Ausdruck gebracht wird“. (epd/mig) Aktuell Gesellschaft Studien
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