Unicef
Jeder zweite Flüchtling ist ein Kind
Vor einem Jahr ging das Bild des tot an den Strand gespülten Aylan Kurdi um die Welt. Der syrische Flüchtlingsjunge stehe für Millionen Schicksale und Kinder in Gefahr, betont Unicef im ersten globalen Bericht zur Flucht von Kindern.
Donnerstag, 08.09.2016, 8:24 Uhr|zuletzt aktualisiert: Mittwoch, 08.01.2020, 15:44 Uhr Lesedauer: 2 Minuten |
Weltweit sind 28 Millionen Kinder auf der Flucht vor Krieg und Gewalt. Damit ist jeder zweite Flüchtling minderjährig, wie aus einem am Mittwoch veröffentlichten Unicef-Bericht hervorgeht. Die Zahlen spiegeln das Grauen von Bomben und Verfolgung wider – Hunger, Armut und Unsicherheit haben zudem noch einmal fast ebenso viele Kinder aus ihrer Heimat vertrieben. Insgesamt seien 50 Millionen Kinder und Jugendliche entwurzelt, heißt es in dem Bericht des UN-Kinderhilfswerks. Und das sei nur eine zurückhaltende Schätzung.
Innerhalb von zehn Jahren habe sich die Zahl der Kinderflüchtlinge mehr als verdoppelt, beklagt Unicef. Viele der Mädchen und Jungen überleben den Zahlen zufolge die Flucht nicht, weil sie ertrinken oder ermordet werden. Der kleine Syrer Aylan Kurdi, der tot an die türkische Küste gespült wurde und dessen Bild vor einem Jahr große Betroffenheit auslöste, ist Beispiel für Millionen Schicksale. „Jedes Bild eines Mädchens oder eines Jungen steht für Millionen von Kindern in Gefahr“, betonte Unicef-Exekutivdirektor Anthony Lake. Das erfordere nicht nur Mitgefühl, sondern Handeln für alle Kinder.
Fremdenfeindlichkeit, Diskriminierung und Armut
„Kinder tragen keine Verantwortung für die Bomben und Geschosse, die Bandenkriminalität, Verfolgung, die verkümmerte Ernte und niedrigen Einkommen, die sie von aus ihrem Zuhause vertreiben“, heißt es in dem Bericht, der erstmals alle verfügbaren Informationen dazu zusammengetragen hat. „Trotzdem sind sie immer am stärksten von Krieg, Konflikt, Klimawandel und Armut betroffen.“ Unter 18-Jährige stellten nur ein Drittel der Weltbevölkerung, aber die Hälfte der Flüchtlinge.
Auf der Flucht seien die oft traumatisierten und unterernährten Mädchen und Jungen oft weiterer Gewalt, sexueller Ausbeutung oder dem Risiko von Entführungen und sogar Mord ausgesetzt. Die meisten von ihnen – 17 Millionen – sind innerhalb ihres Landes auf der Flucht, weitere elf Millionen Kinder und Jugendliche mussten ihr Land verlassen. In den Transit- und Zielländern begegneten ihnen zudem häufig Fremdenfeindlichkeit, Diskriminierung und Armut, konstatiert Unicef. Die Regierungen der Heimat-, Durchreise- und Aufnahmeländer müssten die Minderjährigen viel besser schützen.
Kinder haben Anrecht auf menschenwürdiges Leben
Zum besseren Schutz der Minderjährigen verlangt Unicef, dass diese nicht von ihren Eltern getrennt und während laufender Asylverfahren eingesperrt werden dürfen. Die Kinder hätten ein Anrecht auf ein menschenwürdiges Leben, für das Ernährung, Bildung und medizinische Versorgung Voraussetzungen seien.
Immer mehr Kinder flüchteten zudem auf eigene Faust und bräuchten besonderen Schutz. Im vergangenen Jahr hätten mehr als 100.000 Minderjährige ohne Begleitung einen Asylantrag in einem anderen Land eingereicht, das sei eine dreimal so hohe Zahl wie noch 2014.
Rund 45 Prozent aller Flüchtlingskinder, die unter dem Mandat des UN-Flüchtlingskommissariats UNHCR erfasst wurden, kamen dem Bericht zufolge 2015 aus Syrien und Afghanistan. Diese Entwicklung bestätigen Zahlen aus der ersten Hälfte dieses Jahres: Fast 70 Prozent der Kinder, die in Europa Zuflucht suchten, flohen demnach aus Syrien, Afghanistan oder dem Irak. (epd/mig) Aktuell Gesellschaft Studien
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