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Kein Traumtänzer

„Als Nikolaus hat man noch Einfluss“

Mit dem Weihnachtsmann wollen die Nikoläuse nichts zu tun haben. Sie setzen auf den katholischen Heiligen aus der heutigen Türkei - einen Gutmenschen mit überkonfessionellem Appeal, der auch unter Türken ein hohes Ansehen genießt.

Von Barbara Driessen Montag, 05.12.2016, 8:18 Uhr|zuletzt aktualisiert: Montag, 05.12.2016, 16:51 Uhr Lesedauer: 4 Minuten  |  

Hubert Lübbers (65) ist seit 15 Jahren „im Dienst“. Als Nikolaus im Bischofsgewand besucht er in der Vorweihnachtszeit rund um den 6. Dezember Schulen und Kindergärten. Gerade erst hat er sich noch einen Bischofsring für sein Kostüm zugelegt, den er über den weißen Handschuhen trägt: „Den habe ich im Internet bestellt, bei einem Fachhändler für liturgischen Bedarf.“

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Und weil auch ein alter Hase stets dankbar ist für neue Anregungen, ist er in diesem Jahr zum Nikolaus-Treffen nach Köln gereist. Hier koordiniert der Bund der Deutschen Katholischen Jugend die „Nikolausaktion“, veranstaltet bundesweite Treffen und „Nikolausschulen“ mit Legenden rund um den Heiligen und Ideen für die Feier.

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Den Nikolaus zu verkörpern, ist für den Bochumer Lübbers eine wunderbare Sache. Einer seiner schönsten Momente war, als er in einem Kindergarten auf zwei türkische Jungen traf, die sich zum Frust der anderen Kinder ausschließlich auf Türkisch miteinander unterhielten. Als Nikolaus sagte er dann zu ihnen: „Jungs, ich komme auch aus der Türkei. Aber hier in Deutschland spreche ich nur Deutsch, sonst verstehen die Leute mich doch nicht.“ Wie er einige Zeit später von den Erzieherinnen hörte, sprachen die beiden fortan auch untereinander Deutsch. „Als Nikolaus hat man noch echt Einfluss“, sagt Lübbers mit einem Schmunzeln.

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Tatsächlich soll der heilige Nikolaus um 270 nach Christus in Patara in der heutigen Türkei geboren sein. „Es gibt kaum ein türkisches Kind, dem der Nikolaus kein Begriff ist“, sagt Nikolausdarsteller Markus Gehling aus Voerde. Und es stimme absolut nicht, dass der Nikolaus als christliche Figur für Muslime tabu sei. „Gerade türkische Kinder sprechen immer mit Hochachtung von ihm.“

Gehling ist im wirklichen Leben Pastoralreferent. „Aber eigentlich ist er ganzjährig Nikolaus“, sagt seine Frau Stephanie Franken, die ihn in einer Pferdekutsche zu seinen Einsätzen fährt. Gehling besitzt vier Nikolaus-Kostüme, „an denen er ständig herumnäht oder etwas verändert“. Und wenn er damit nicht beschäftigt ist, vertreibt er Schokoladen-Nikoläuse, die echten, also Nikoläuse in Bischofstracht – und nicht etwa die im Weihnachtsmannkostüm.

Überhaupt wird das Wort „Weihnachtsmann“ unter Nikoläusen nicht gern gehört. Zwar gibt sich Pfarrer Tobias Schwaderlapp, Präses des Bunds der Deutschen Katholischen Jugend (BDJK) in Köln, politisch noch ganz korrekt, wenn er sagt: „Dies ist keine Anti-Weihnachtsmannveranstaltung.“ Doch an dem roten Kapuzenträger lässt er kaum ein gutes Haar: Ein „Traumtänzer mit Werbebotschaft“ sei das: „Da steckt nichts hinter.“ Der Nikolaus dagegen habe viel mehr zu bieten. „Er ist eine wirkliche Person, die einfach Gutes ausstrahlen will, ganz ohne Hintergedanken.“

Rund um den heiligen Nikolaus gibt es zahlreiche Legenden. So soll er einem verarmten Vater von drei Töchtern mit Geldspenden davor bewahrt haben, die Töchter in die Prostitution schicken zu müssen. Und er soll für eine wundersame Kornvermehrung gesorgt haben: Von Getreideschiffen an der Küste Lykiens erbat Nikolaus in Zeiten der Hungersnot einen Teil der Ladung. Die Schiffer, die wagten, etwas Korn im Hafen zu lassen, konnten straffrei weitersegeln. Denn die genau abgewogene und registrierte Ladung im Schiffsbauch war unverändert geblieben.

Heute erinnern Süßigkeiten und kleine Geschenke in den Schuhen der Kinder am Nikolausmorgen an die Spendenfreudigkeit des Heiligen. Sein strafender Begleiter – im Rheinland ist es der finstere Knecht Ruprecht mit Rute und rasselnden Ketten – ist eine Brauchtumserfindung, die immer mehr in Vergessenheit gerät.

Der Nikolaus sei eine überkonfessionell ansprechende Person, ein Gutmensch im besten Sinne des Wortes, ein Brückenbauer, der Menschen verbinde, ohne sie dabei missionieren zu wollen, sagt Schwaderlapp. Er nimmt bei vielen Menschen eine große Sehnsucht wahr: „Sie wollen einfach etwas tun. Und so ein simpler Auftritt des Nikolaus setzt Zeichen.“ Die Nikolaus-Schule, die seit 2011 in Köln läuft und jedes Jahr Interessierte zu professionellen Nikolausdarstellern ausbildet, gibt es mittlerweile auch in Stuttgart, Essen, Regensburg und Augsburg.

Dennis Artmeyer (36) ist eigens aus Augsburg zum Nikolaus-Treffen nach Köln gereist. Seit Jahren tritt er als Nikolaus in dem Kindergarten auf, in dem seine Frau als Erzieherin arbeitet. Nikolaus zu sein ist ganz wunderbar, findet er: „Es gibt nichts Schöneres, als in strahlende Kinderaugen zu blicken.“ (epd/mig) Aktuell Feuilleton

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