Parteitagbeschluss
CDU stellt Doppelpass-Kompromiss infrage
Der CDU-Bundesparteitag hat gegen den Kompromiss mit der SPD zur doppelten Staatsbürgerschaft votiert. Die SPD zeigt sich entsetzt, Merkel beschwichtigt: Parteitagsbeschluss ändert nichts am Regierungshandeln.
Donnerstag, 08.12.2016, 8:25 Uhr|zuletzt aktualisiert: Dienstag, 13.12.2016, 21:21 Uhr Lesedauer: 3 Minuten |
Der CDU-Parteitag in Essen hat erneut eine Diskussion um die doppelte Staatsbürgerschaft ausgelöst. Der Koalitionspartner SPD, der den Doppelpass in dieser Wahlperiode durchgesetzt hatte, reagierte am Mittwoch empört. Eine Abschaffung sei mit der SPD nicht zu machen, sagte Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD). Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Aydan Özoğuz (SPD), erklärte: „Mit der SPD wird es keine Rolle rückwärts bei der Abschaffung der Optionspflicht geben.“ Die CDU-Vorsitzende und Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) beschwichtigte: Am Regierungshandeln werde der Beschluss nichts ändern, sagte sie in Fernsehinterviews.
Die sogenannte Optionspflicht zwang in Deutschland aufgewachsene Kinder ausländischer Eltern bis 2014, sich für den deutschen oder den anderen Pass zu entscheiden. Nach einem im Juli 2014 vom Bundestag verabschiedeten und zuvor mühevoll zwischen Union und SPD verhandelten Kompromiss müssen das junge Erwachsene inzwischen nicht mehr, wenn sie bis zum 21. Geburtstag mindestens acht Jahre in Deutschland gelebt, sechs Jahre die Schule besucht oder einen deutschen Schulabschluss haben. Sie dürfen beide Pässe behalten.
Antrag der Jungen Union findet Mehrheit
Diesen Kompromiss stellte der CDU-Parteitag nun wieder infrage. Ein Antrag der Jungen Union auf Abschaffung der doppelten Staatsbürgerschaft fand beim Parteitag in Essen am Mittwoch eine knappe Mehrheit.
Sie halte persönlich nichts davon, „das jetzt zurückzudrehen“, sagte Merkel im ARD-Interview mit Blick auf die geltende Regelung. An der Rechtslage werde sich nichts ändern, versprach sie. Im Interview mit dem Sender Phoenix sagte sie, es komme vor, „dass Parteitage ihren eigenen Weg gehen“.
Offene Kritik an dem Beschluss kam vom langjährigen CDU-Bundestagsabgeordneten Ruprecht Polenz. „Zum Kippen der Regelung braucht es aber nicht nur eine Mehrheit in der CDU, sondern im Deutschen Bundestag. Weder SPD, noch Grüne oder FDP werden dafür zur Verfügung stehen“, kommentierte Polenz die Entscheidung auf Facebook. Es werde deshalb beim Koalitionskompromiss bleiben. Die Junge Union und die anderen Unterstützer des Beschlusses müssten dann erklären, warum der Beschluss nicht umgesetzt werden kann. Gleichzeitig werde der Beschluss im Wahlkampf gegen die CDU gewandt werden, damit „andere Parteien bei türkisch-Deutschen oder anderen Deutschen, deren Vorfahren eingewandert sind, punkten können. Loose – loose – Situation nennt man das gemeinhin“, so Polenz.
Maas: Riesiger Rückschritt
Maas sagte, die Abschaffung dieser Regelung „wäre ein riesiger Rückschritt für die Integration“. Der Beschluss der CDU auf dem Parteitag in Essen sei eine Misstrauenserklärung gegen die weit überwiegende Mehrheit der Doppelstaatler, die hinter dem Grundgesetz stehe.
Der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime, Aiman Mazyek, sagte der Die Welt, der Parteitagsbeschluss könne als Zeichen der Ausgrenzung verstanden werden. Er sei ein falsches Signal.
Der Bundesvorsitzende der Jungen Union, Paul Ziemiak, wehrte sich unterdessen gegen den Vorwurf, der Antrag sei ein gezielter Affront gegen die am Dienstag mit 89,5 Prozent der Delegiertenstimmen an der CDU-Spitze bestätigte Merkel. Man habe schlicht eine andere inhaltliche Position bei dem Thema, sagte er dem Boulevardblatt Bild. „Wer als Ausländer nach Deutschland kommt, sollte sich am Ende entscheiden müssen, welche Staatsbürgerschaft er haben will“, sagte Ziemiak. (epd/mig) Leitartikel Politik
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Welch eine Blamage!
Wie oft noch Salto mortale rückwärts – bis es wirklich mortal wird? Die Erben von der AfD stehen schon bereit.
Auch hier besteht die Gefahr, dass die öffentliche Diskussion und Meinungsbildung zu diesem Thema hierzulande ausser Kontrolle gerät. Es gibt so viele gute Argumente gegen den Dopppelpass für Migranten, und es gibt praktisch kein einziges gutes Argument für diesen Doppelpass.
So ein Pass ist nicht nur ein international anerkannter Ausweis, sondern auch noch ein weltweit gültiges Dokument und Urkunde für die jeweilige Staatsangehörigkeit, und dazu auch noch das klare ureigene persönliche Bekenntnis des Inhabers zur jeweiligen nationalen Identität desjenigen Landes, dessen Pass man mit sich trägt. Und das kann man nun entweder einzigartig und lieb und teuer finden, oder eben auch vielfältig, doppelt und billig. Also ist so ein Pass entweder ein Wert an sich, oder er ist nur ein Stück wertloses Papier ohne Bedeutung.
Und man höre sich nur mal die „Argumente“ der Doppelpass-Befürworter an: Der Doppelpass sei notwendig, um die „Integration“ von Migranten zu fördern (Cem Özdemir), oder um die „Ausgrenzung“ von Migranten zu verhindern (Aiman Mazyek). Oder um den Migranten mehr Rechte und Freiheiten zu geben als den einheimischen Deutschen mit nur einem Pass.
Am allerdümmsten ist aber das Argument, so wie es auch der emeritierte Professor Klaus J. Bade hier vorgebracht hat, dass der Doppelpass allein schon deswegen berechtigt und legitimiert sei, nur weil die „populistischen“ Parteien CDU/CSU und AfD und FDP und darüberhinaus auch noch die absolute Mehrheit der Menschen hier in diesem Land dagegen seien. Und nur die SPD, die Grünen und die Linken dafür seien. Wer keine besseren Argumente für den Doppelpass vorzubringen hat, hat schon verloren. Der Doppelpass dürfte langfristig keine Zukunft haben.
Die Doppelpass-Migranten werden sich endgültig entscheiden müssen, welchem Staat und welcher Nation sie angehören wollen.
Dass Integration besser oder schlechter mit einer oder mit zwei Staatsangehörigkeiten funktioniert glaube ich nicht. Integration hat etwas mit der Einstellung der Betroffenen und der aufnehmenden Gesellschaft zu tun.
Dass sich Kinder bis 2014 teilweise für oder gegen eine Staatsangehörigkeit entscheiden mussten war unglücklich, da man selbst mit 18 Jahren noch nicht die Folgen der Entscheidung abschätzen kann.
Mit zwei Pässen, ich nehme als Beispiel die große Gruppe der jungen zweistaatigen Türken, bleibt man eben auch staatsangehörigkeitsrechtlich in mehreren Ländern beheimatet. Aber glaubt denn jemand ernsthaft, dass diese Gefühl sich ändert, wenn man „nur“ den deutschen Pass annimmt?
Es geht hier hintergründig um andere Fragen. Will man den Einfluss eines türkischen Staates auf hier lebende weiterhin zulassen? Sozusagen türkischer Regierungseinfluss auf in Deutschland Wahlberechtigte?
Ich persönlich würde dies nicht wollen, aber als SPD – Abgeordneter hat man Vorteile, da die türkische Community (mit deutschem Pass) eher Wählerklientel der SPD ist als der CDU. Für die FDP gilt gleiches. Dies spiegelt sich zwar nicht an den BT-Mitgliedern wieder, wohl aber an der Mitglieder / Stammwähler Zusammensetzung. Auch hier geht es im eigentlichen um Klientelpolitik.
Grundsätzlich ist m.E. Mehrstaatigkeit zu vermeiden. Aber es gibt bereits so viele Ausnahmen (EU-Bürger, ganz Südamerika, ganz Nordafrika, Iran, Jemen, etc.) dass eine Vermeidung gar nicht möglich ist.
@Sebaldius
Sie haben hier offenbar etwas gründlich missverstanden. Der Kommentar von Bades Kommentar liefert kein Argument für den Doppelpass und schon gar nicht das, was sie ihn in dem Mund schieben, um dann sein Argument als dumm auseinander nehmen zu können. Bades Kommentar bezieht sich auf das Verhalten der CDU und die daraus möglicherweise entstehenden Konsequenzen.
Übrigens, der Unterschied zwischen einem intelligenten und einem dummen Menschen ist, dass ersterer niemals letzteren sagen würde, wie dumm er ist.
Die Bezeichnung „Doppelpass“ ist sprachlich nicht richtig, denn hierbei müsste es sich um einen einzigen Pass handeln, der von zwei Staaten gleichzeitig ausgestellt und für beide gleichermaßen gültig ist. Tatsächlich ist damit jedoch gemeint, dass ein Mensch zwei Pässe, bzw. zwei Nationalitäten, von zwei verschiedenen Staaten besitzt, aber dann sollte man das auch richtig so ausdrücken.
@President Obama
Die Loyalität zu einem Land hängt auch davon ab, wie man dort behandelt wird, ungeachtet der ursprünglichen Staatsangehörigkeit. Wie ein Blick in die Geschichte zeigt, halten die Einwanderer in ein Land noch lange nach Vollzug ihrer Einwanderung, meist bis zu ihrem Lebensende, und auch noch die ersten Generationen danach, Bande verschiedener Art zu ihrer alten Heimat, was ihnen durch Beibehalten der ursprünglichen Staatsangehörigkeit erleichtert wird. Sooft sie sich von ihrer neuen Heimat enttäuscht sehen, bleibt ihnen noch dieser Notausgang der ursprünglichen Staatsangehörigkeit. Auch wenn sie davon keinen Gebrauch machen, gibt das Wissen um seine Existenz ihnen doch eine gewisse seelische Ruhe, die ihnen bei der Eingewöhnung in die neue Heimat hilft. Von den Einwanderern bei der Einbürgerung den Verzicht auf die ursprüngliche Staatsangehörigkeit zu verzichten, stellt daher in vielen Fällen eine unzumutbare Härte dar, die der Integration nicht förderlich ist.
Als der in die USA ausgewanderte Friedrich Trump im Jahre 1904 für ständig nach Deutschland zurückkehren wollte, weil seine ebenfalls deutsche Frau, die er erst zwei Jahre zuvor in seiner alten Heimat geheiratet hatte, sich in den USA nicht wohlfühlte, verweigerten ihm die deutschen Behörden in ihrer Sturheit die Rückerlangung der deutschen Staatsangehörigkeit, worauf ihm nichts anderes blieb, als in die USA zurückzukehren, wo ihm ein Jahr später sein Sohn Friedrich (Frederic) Junior, der Vater des neu gewählten US-Präsidenten Donald Trump, geboren wurde. Wäre dieser nicht in den USA, sondern in Deutschland geboren worden und aufgewachsen und hätte hier geheiratet, dann gäbe es Donald Trump heute nicht.
…….., dann gäbe es Donald Trump heute nicht. Der war gut Karakal. Ihnen sind ja auf dem Weg zum festen Glauben zu meinem Erstaunen weder Humor noch logisches Denken abhanden gekommen.
Und wenn die Katze ein Pferd wäre, könnte man die Bäume hinauf reiten. Nich wahr.