Nach Berlin-Anschlag
Bundesregierung lehnt Debatte über neue Gesetze ab
Die Bundesregierung sieht keinen Anlass für strengere Sicherheitsgesetze. Mit Verweis auf die laufenden Ermittlungen wolle man keine schnellen Schlüsse ziehen.
Donnerstag, 22.12.2016, 8:22 Uhr|zuletzt aktualisiert: Donnerstag, 22.12.2016, 22:28 Uhr Lesedauer: 3 Minuten |
Nach dem Anschlag auf einen Berliner Weihnachtsmarkt sieht die Bundesregierung zunächst keinen Anlass für zusätzliche Sicherheitsgesetze. Das wichtigste im Moment sei es, den Täter zu fassen und damit die Gefahr zu beenden, die von ihm ausgehe, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am Mittwoch in Berlin. Es sei zu früh, Schlüsse aus dem Anschlag zu ziehen, sagte der Sprecher des Bundesinnenministeriums, Johannes Dimroth, mit Verweis auf die laufenden Ermittlungen.
Das Bundeskabinett hatte zuvor eine Reihe von Sicherheitsmaßnahmen beschlossen, darunter die Möglichkeit für eine Ausweitung der Videoüberwachung an öffentlichen Plätzen und Bodycams für Polizisten. Das Paket ist bereits seit August in Planung. Die aktuellen Beschlüsse hätten nichts mit dem Verbrechen am Breitscheidplatz zu tun, sagte Seibert. Am Montag wurden zwölf Menschen getötet und mehr als 40 teilweise schwer verletzt, als ein Lkw vorsätzlich auf den dortigen Weihnachtsmarkt steuerte. Der Fahrer ist flüchtig, ein zunächst verdächtiger Mann wurde am Dienstagabend wieder freigelassen.
Gauck besucht Verletzte des Anschlags
Berlin bemühte sich am Mittwoch um Rückkehr zur Normalität. Bundespräsident Joachim Gauck und seine Lebensgefährtin Daniela Schadt besuchten verletzte Opfer des Anschlags im Berliner Virchow-Klinikum. Er wolle den „Beistand der ganzen Nation“ zum Ausdruck bringen, sagte Gauck. Das Staatsoberhaupt forderte die Bundesbürger auf, die Gewaltattacke mit „Hilfsbereitschaft, menschlicher Nähe, Fürsorge und Dasein für Andere“ zu beantworten.
Zu Besonnenheit mahnte auch Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig (SPD). „Es ist jetzt die Zeit des Mitgefühls und des Zusammenhalts“, erklärte sie in Berlin und sprach sich für Geduld aus: „Auch die Sicherheitsbehörden müssen Zeit bekommen, ihren Job zu machen.“ Politische Instrumentalisierung sei fehl am Platz.
CSU fordert Politikänderung
Die CSU hatte nach der vorläufigen Festnahme eines Asylbewerbers aus Pakistan mit Forderungen nach Änderungen in der Flüchtlingspolitik reagiert. Regierungssprecher Seibert entgegnete, es werde ständig geprüft, wo Handlungsbedarf besteht. Zu dem umstrittenen Twitter-Beitrag des AfD-Politikers Marcus Pretzell zum Anschlag, in dem es heißt: „Es sind Merkels Tote“, sagte Seibert, es gebe „Tweets, die sich von selbst disqualifizieren“.
In Berlin plante eine rechte Initiative eine „Mahnwache“ vor dem Kanzleramt für die Opfer des Anschlags. Dazu wurden für Mittwochabend die AfD-Politiker Alexander Gauland und Björn Höcke erwartet. Parallel dazu wurden Proteste gegen eine Instrumentalisierung des Anschlags durch Rechtspopulisten angekündigt. Die „Allianz für Weltoffenheit, Solidarität, Demokratie und Rechtsstaat“, zu der sich unter anderem Gewerkschaften, Sozialverbände und Kirchen zusammengeschlossen hatten, erklärte, es dürfe nicht zugelassen werden, „dass Angst, Intoleranz und Ausgrenzung die Oberhand gewinnen“. Mehr denn je werde eine sachliche Debatte gebraucht, mahnte das Bündnis und forderte Augenmaß und Besonnenheit.
Weihnachtsmärkte wieder geöffnet
In der Bundeshauptstadt öffneten unterdessen die Weihnachtsmärkte wieder mit Ausnahme des Marktes an der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche, der am Montag attackiert worden war. Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) rief zur „Achtsamkeit untereinander und miteinander“ auf und kündigte in der „Bild“-Zeitung (Mittwoch) verschärfte Sicherheitsmaßnahmen auch zu Silvester an. „Es wird vor Ort mehr Sicherheitsmaßnahmen geben. Wenn ich sage, dass wir uns unser freiheitliches Leben nicht zerstören lassen dürfen, gilt das auch für das Silvesterfest“, sagte er. (epd/mig) Aktuell Politik
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