Deutschland lehnt Entschädigung ab
Klage gegen Deutschland wegen Völkermords in Namibia
Opfervertreter der Herero- und Nama-Völker haben Deutschland verklagt. Sie fordern Beteiligung an Regierungsverhandlungen und Reparationen für den Völkermord. Deutschland hingegen verhandelt direkt mit der namibischen Regierung.
Montag, 09.01.2017, 8:22 Uhr|zuletzt aktualisiert: Dienstag, 10.01.2017, 18:05 Uhr Lesedauer: 2 Minuten |
Vertreter der Herero- und Nama-Völker in Namibia fordern von Deutschland Beteiligung an Regierungsverhandlungen und Reparationen für einen kommunalen Aufbau-Fonds. Grund ist der Völkermord vor mehr als hundert Jahren. Die Nachfahren der Genozid-Opfer reichten nach eigenen Angaben am Donnerstag vergangener Woche (Ortszeit) vor einem Gericht in New York Klage ein. Nach einem entsprechenden Gesetz können in den USA Ansprüche von Ausländern geltend gemacht werden, auch wenn die Ereignisse nicht in den USA stattgefunden haben. Die Klage könnte nach Einschätzung des Historikers Jürgen Zimmerer weitreichende Folgen haben.
Bei Massakern an den Herero und Nama wurden zwischen 1904 und 1908 mehr als 100.000 Menschen getötet. Deutsch-Südwestafrika, das heutige Namibia, war damals eine deutsche Kolonie. Deutsche Truppen schlugen Aufstände der Herero und Nama nieder, errichteten Lager und setzten systematisch Vergewaltigung und Zwangsarbeit ein. Die Volksgruppen verloren rund ein Viertel ihres Landes. Bis heute leben viele Herero und Nama in Armut.
Namibia-Beauftragter Polenz schließt Entschädigung aus
Mehr als hundert Jahre später verhandelt Deutschland mit der Regierung Namibias über eine Aufarbeitung der Verbrechen. Die Bundesregierung spricht selbst von „Völkermord“, Entschädigungszahlungen lehnt sie jedoch ab. Den Vertretern der beiden Volksgruppen hingegen geht es eigenen Angaben zufolge ohnehin nicht um „individuelle Entschädigungen“, sondern um Mitsprache.
Der Namibia-Beauftragte der Bundesregierung, Ruprecht Polenz (CDU), erklärte dem Evangelischen Pressedienst, Deutschland wolle sich offiziell für den Völkermord der deutschen Kolonialtruppen in der Zeit von 1904 bis 1908 entschuldigen und materiell stark engagieren. „Es geht dabei um ein langfristiges Engagement“, erläuterte Polenz.
Der Klage der Opfervertreter räumt Polenz kaum Chancen ein. Denn es fehle eine Rechtsgrundlage für Kriegsverbrechen zu Anfang des 20. Jahrhunderts. Die 1951 in Kraft getretene Völkermord-Konvention gelte nicht rückwirkend.
Klage könnte Beispiel machen
Sollte die Klage dennoch Erfolg haben, könnte sie Folgen für weitere Fälle aus der Kolonialzeit haben, sagte der Professor für die Geschichte Afrikas an der Universität Hamburg, Jürgen Zimmerer, der Neuen Osnabrücker Zeitung. So könnten Reparationsforderungen an Deutschland auch wegen Massakern während des Maji-Maji-Aufstands im heutigen Tansania gestellt werden, ebenso wegen Massakern und Strafaktionen in Togo, in Kamerun und in der Südsee. Auch zivile Opfer des Ersten Weltkriegs in Afrika könnten Anlass für Klagen und Verhandlungen werden.
Einem Gesetz zufolge können vor US-Gerichten unter bestimmten Umständen auch Verhandlungen über Ansprüche stattfinden, wenn die Kläger keine US-Bürger sind. Die Opfer-Vertreter berufen sich auf die UN-Erklärung über die Rechte Indigener Bevölkerungen, an die sich Deutschland und Namibia halten müssen. (epd/mig) Aktuell Politik
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