Bald auf der Anklagebank?
Syrischer Flüchtling verklagt Facebook wegen Fake-News
Ein syrischer Flüchtling verklagt Facebook wegen Fake-News. Dort soll ein Foto des Flüchtlings zigfach verbreitet worden sein mit wahrheitswidrigen Behauptungen. Ein Termin für die Verhandlung ist anberaumt - aber es ist unsicher, ob es dazu kommt.
Von Daniel Staffen-Quandt Mittwoch, 11.01.2017, 5:24 Uhr|zuletzt aktualisiert: Montag, 31.07.2017, 10:21 Uhr Lesedauer: 3 Minuten |
Seit langem beschäftigt sich der Würzburger Jurist Chan-Jo Jun schon mit Facebook. Nicht nur, dass der Fachanwalt für IT-Recht ein gefragter Interview-Partner für Medien ist und auf seiner Internetseite detailliert erklärt, wie man das soziale Netzwerk verklagen kann – er tut es auch selbst. Im Auftrag eines syrischen Flüchtlings will der Jurist den Internet-Riesen nun wegen „Fake-News“, also gefälschter Nachrichten, vor das Würzburger Landgericht bringen. Man habe dort für den Syrer Anas Modamani den Erlass einer einstweiligen Verfügung beantragt. Für die öffentliche Verhandlung gibt es auch schon einen Termin: der 6. Februar 2017. Doch ob es dazu kommt, ist noch offen.
Laut Aussage von Chan-Jo Jun auf der Facebook-Seite seiner Kanzlei wäre es wohl das erste Mal, dass sich Facebook wegen Fake-News vor einem deutschen Gericht verantworten muss. Der Grund für die beantragte einstweilige Verfügung sei die zigfache Verbreitung wahrheitswidriger Behauptungen über Modamani auf Facebook – und das nicht zum ersten Mal. Aktuell wird dem Syrer vorgeworfen, kurz vor Weihnachten einen Obdachlosen angezündet zu haben. Der Beitrag sei mehr als 500 Mal geteilt worden, verstoße aber laut Facebook nicht gegen die „Community-Standards“. Bereits im Sommer wurde der Syrer beschuldigt, an den Brüssel-Attentaten beteiligt gewesen zu sein. Beide Behauptungen seien völlig haltlos.
Der Würzburger Anwalt sagte dem Bayerischen Rundfunk (BR), der Kontakt zwischen ihm und dem Syrer sei durch das Internetportal Mimikama geknüpft worden. Zum einen, weil er „einen Musterfall“ gesucht habe, um juristisch gegen Facebook vorzugehen. Zum anderen, weil der junge Syrer schon zum zweiten Mal Opfer gefälschter Nachrichten geworden sei. Der Grund, weshalb es gerade Anas Modamani bereits zum zweiten Mal getroffen habe, könnte seine unfreiwillige Berühmtheit sein, die er im Sommer 2015 erlangt hatte, als er ein Selfie mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) gemacht hatte – und dabei selbst fotografiert wurde. Dieses Bild ging um die Welt.
Ladung auf dem Weg nach Dublin
Dass es nun ausgerechnet in Würzburg zum Verfahren gegen Facebook kommen könnte, erläutert Anwalt Jun: „Das Internet bietet einen fliegenden Gerichtsstand.“ Der Kläger könne sich deswegen den Gerichtsstand dort aussuchen, wo die Fake-News abrufbar gewesen sei, „und das ist auch in Würzburg“. Den angesetzten Termin bestätigte ein Sprecher des Landgerichtes dem Evangelischen Pressedienst am Dienstag auf Anfrage. Und auch die möglichen Probleme, die es zu überwinden gilt, ehe es zur Verhandlung kommen kann – und über die die Würzburger Main-Post berichtet hatte: Facebook muss erst einmal eine Ladung zum Gerichtsverfahren zugestellt werden.
Der Gerichtssprecher sagte, die Ladung sei bereits auf dem Weg nach Dublin, zum europäischen Firmensitz des sozialen Netzwerks. Dies laufe über die sogenannte Europäische Zustellungsverordnung (EUZVO), mit der „die jeweiligen Rechtssysteme zweier Länder kommunizieren“, sagte der Sprecher. Im konkreten Fall habe sich das Würzburger Landgericht „aus Zeitgründen“ dafür entschieden, die Ladung zum Prozess über die irischen Behörden per Einschreiben mit Rückschein zu versenden. Das soziale Netzwerk reagierte bislang nicht auf die eingereichten Klagen. Schriftliche Anfragen des epd blieben zunächst unbeantwortet.
Mit verklagt wurde von der Würzburger Kanzlei auch ein Funktionär der AfD, der die gefälschten Nachrichten weiter verbreitet haben soll. (epd/mig) Aktuell Panorama
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