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"Ich wollte keine Almosen"

Ein slowakisches Ehepaar sucht in Deutschland verzweifelt sein Glück

Seit der EU-Erweiterung kommen Osteuropäer in der Hoffnung auf Arbeit nach Deutschland. Oft aber landen die sogenannten Armutsmigranten ohne Job auf der Straße. Ein EU-Projekt soll ihnen helfen, unter anderem in Würzburg.

Von Daniel Staffen-Quandt Montag, 23.01.2017, 5:25 Uhr|zuletzt aktualisiert: Donnerstag, 26.01.2017, 17:34 Uhr Lesedauer: 4 Minuten  |  

In der Slowakei konnten Balázs Pabulya und seine Frau Zsófia nicht länger bleiben, sagen sie. Das Ehepaar heißt im echten Leben anders, seine Geschichte steht stellvertretend für viele andere. Balázs ist gelernter Koch, doch seit sieben Jahren hat er nicht mehr in seinem Beruf gearbeitet. Etliche Hilfsjobs hat er angenommen, alles, was er in seiner Heimat, dem Südosten der Slowakei, angeboten bekommen hat. Für zehn Euro am Tag hat er bis zu zwölf Stunden hart geschuftet: „Zum Leben zu wenig, zum Sterben zu viel“, erzählt er. Im Sommer 2016 entschied er sich, nach Deutschland zu gehen.

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Für Menschen wie das Ehepaar Pabulya erscheint Deutschland aus der Ferne wie ein Paradies. Doch die Ernüchterung kam schnell. „Ich bin mit der Hoffnung auf gute Arbeit hierhergekommen“, sagt Balázs Pabulya, „ich wollte keine Almosen oder Sozialhilfe“. Das war im Juni. Seine Frau kam knapp zwei Monate später nach. Und das, obwohl ihr Ehemann in Würzburg auf der Straße lebte, bettelte, im Zelt übernachten musste, keinerlei Aussicht auf einen Job, geschweige denn auf eine Wohnung hatte. Seit November lebt das Paar in einer städtischen Unterkunft für Wohnungslose. „Nicht schön“, sagen sie, aber doch eine Art Zuhause.

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„Dennoch werden wir diskriminiert“

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In der Slowakei mussten sie nach eigenen Angaben oft hungern, die Sozialleistungen des Staates reichten nicht für genügend Lebensmittel. Die Pabulyas gehören zur ungarischen Minderheit im Süden und Osten der Slowakei. Das ist eine große Minderheit: 2011 machten die Ungarn fast 8,5 Prozent der slowakischen Gesamtbevölkerung aus. „Dennoch werden wir diskriminiert – manche mehr, manche weniger“, sagt Balázs Pabulya. Er ist überzeugt, dass ihr dunkler Teint dazu beigetragen hat, dass sie zu den am stärksten diskriminierten Ungarn gehörten. Keiner habe ihnen einen guten Job geben wollen.

Das slowakische Ehepaar würde wohl immer noch auf den Straßen Würzburgs leben, bei eisigen Temperaturen, wenn es nicht den Tipp bekommen hätte, sich bei Tamara Licheva in der Wärmestube zu melden. Die junge Frau mit bulgarischen Wurzeln arbeitet dort beim Projekt „Abseits – nicht mit uns! Armenfürsorge in Würzburg“ der von Caritas und Diakonie getragenen Christophorus-Gesellschaft mit. Dieses Projekt wird vom Europäischen Hilfsfonds für die am stärksten benachteiligten Personen (EHAP) finanziert. Es soll Menschen aus EU-Ländern dabei helfen, sich im deutschen Sozialsystem zu orientieren.

Keine Wohnung ohne Arbeit, keine Arbeit ohne Meldeadresse

Das Würzburger EHAP-Projekt und andere ähnliche Projekte in ganz Deutschland haben drei Zielgruppen, erläutert Sozialpädagogin Sonja Schäfer. Es richtet sich an EU-Bürger wie die Pabulyas, an all jene, die wohnungslos sind oder ihre Wohnung bald verlieren könnten, sowie an EU-Bürger mit Kindern zwischen sieben und 14 Jahren. Letztere Zielgruppe werde von der Christophorus-Gesellschaft momentan nicht mit beraten und betreut, sagt die Rummelsberger Diakonin: „Wir verstehen uns als Lotsen für EU-Migranten im deutschen Hilfesystem. Wir verweisen an bestehende Angebote, finanzielle Hilfen gibt es von uns keine.“

Im Fall des Ehepaars Pabulya musste der Teufelskreis zwischen „Kriegt keine Wohnung ohne Arbeit“ und „Ohne Meldeadresse keine Anstellung“ durchbrochen werden, sagt Schäfer. Das sei mit der Aufnahme in der Obdachlosenunterkunft gelungen. Die Eheleute arbeiten im Moment als Mini-Jobber bei einer Reinigungsfirma. „Mein Chef sagt, ich kann bald mehr arbeiten“, sagt der 42-jährige Balázs Pabulya. So eine Perspektive sei Gold wert, findet auch Diakonin Schäfer. Denn wer als EU-Ausländer nicht für einige Zeit einen sozialversicherungspflichtigen Job in Deutschland hatte, hat keinen Anspruch auf Sozialleistungen.

„Wenn ich richtige Arbeit habe…“

„Das Ehepaar Pabulya ist ein typischer EHAP-Fall“, erläutert Tamara Licheva. Ebenfalls typisch sei, dass zuerst der Mann nach Deutschland komme und später die Frau nachreise. Zu lösen war aber nicht nur die akute Obdachlosigkeit. Für die beiden musste auch geklärt werden, wie sie krankenversichert sind, außerdem wurden sie zur Migrations- und zur Familienberatung geschickt. Denn: „Wenn ich richtige Arbeit habe und wir uns eine Wohnung leisten können, wollen wir unsere 16 Jahre alte Tochter nachholen“, erklärt Balázs. Momentan lebt die Jugendliche, die eine Behinderung hat, noch bei Verwandten in der Slowakei.

Das EHAP-Projekt hat alleine in Würzburg bislang schon 180 Menschen beraten und begleitet. Das auf drei Jahre angelegte Projekt läuft noch bis Ende 2018, eventuell kann es anschließend verlängert werden. Die 3,5 Stellen, die für das Projekt in der Wärmestube, der Bahnhofsmission und der Kurzzeitübernachtung zur Verfügung stehen, gäbe es ohne die Mittel aus dem Europäischen Hilfsfonds so nicht, ist Schäfer überzeugt. (epd/mig) Gesellschaft Leitartikel

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  1. President Obama sagt:

    Auch wenn es Entrüstungsstürme auslöst….

    Wer wandert ernsthaft in ein anderes Land aus ohne zuvor zumindest eine Anlaufstelle zu haben, eine Meldeadresse oder etwas Ähnliches? Und lässt dabei auch noch Ehefrau und behindertes Kind zurück?

    Das Freizügigkeitsrecht ist für Arbeitnehmer, Selbständige oder Alleinfinanzierer gedacht. Zur Arbeitssuche darf man sich auch nur mit gültigem Krankenversicherungsschutz in Deutschland aufhalten und das auch nur für einen kurzen Zeitraum.

    Dieser Fall hätte so nicht entstehen dürfen. Hätte die zuständige Ausländerbehörde rechtzeitig Kenntnis erhalten, hätte der Mann nach drei Monaten wieder ausreisen müssen.

    Hier wird ein Mann vorgeführt und ein mitleiderregender Fall gezeigt, der bei Beachtung der Gesetze nicht hätte entstehen dürfen.