Prozess gegen "Gruppe Freital" eröffnet
Acht Angeklagte sollen rechtsterroristische Vereinigung gegründet haben
Am Oberlandesgericht Dresden müssen sich sieben Männer und eine Frau wegen Bildung einer terroristischen Vereinigung verantworten. Zur Tatvorbereitung sollen sie einen "Schwarzen Chat" genutzt haben. Der Prozess begann am Dienstag mit Verzögerung.
Mittwoch, 08.03.2017, 4:20 Uhr|zuletzt aktualisiert: Mittwoch, 08.03.2017, 21:53 Uhr Lesedauer: 3 Minuten |
Der Prozess vor dem Oberlandesgericht Dresden gegen acht mutmaßliche Rechtsterroristen der „Gruppe Freital“ hat am Dienstag mit der Verlesung der Anklage begonnen. Den sieben Männern und einer Frau wird die Bildung einer terroristischen Vereinigung vorgeworfen. Die Angeklagten im Alter von 19 bis 39 Jahren stehen außerdem unter anderem wegen versuchten Mordes und Beihilfe zum versuchten Mord sowie wegen gefährlicher Körperverletzung vor Gericht.
Die Generalbundesanwaltschaft wirft ihnen vor, in Freital und Dresden spätestens ab Juli bis November 2015 mehrere Sprengstoffanschläge gemeinschaftlich vorbereitet und verübt zu haben. Dabei hätten sie zum Teil den Tod von Menschen in Kauf genommen. Die Gruppe sei „auf längere Zeit angelegt“ worden und habe eine „rechtsextremistische Gesinnung“, die gegen Flüchtlinge und Andersdenkende gewaltsam vorgehe und ein „Klima der Angst“ erzeugen sollte, hieß es beim Verlesen der Anklage.
Die Gruppe habe „konspirativ agiert“. In einem verschlüsselten Chatdienst verwendete sie der Anklage zufolge eine codierte Sprache. Entscheidungen seien gemeinschaftlich getroffen worden. In einem „Schwarzen Chat“ hätten sich die Angeklagten über geplante Anschläge konkret ausgetauscht und Tatvorbereitungen kommuniziert. Als Rädelsführer benennt die Anklage Timo S. und Patrick F., wobei S. der „Ideen- und Impulsgeber“ sei und F. für technische Einzelheiten und eine Rollenverteilung innerhalb der Gruppe zuständig gewesen sein soll.
Verteidigung stellt mehrere Befangenheitsanträge
Mehrere Befangenheitsanträge der Verteidigung stellte der Vorsitzende Richter des Senats, Thomas Fresemann, zunächst zurück. Daraufhin machten sieben der acht Angeklagten keine Angaben zur Person. Später wurden Anträge vorgetragen, die ein Misstrauen in die Unparteilichkeit der Richter vorbrachten. Außerdem komme die Besetzung eines neuen Strafsenats ausschließlich für diesen Prozess einem „manipulativen Eingreifen“ gleich. Eine „Ad-hoc-Bestellung und gezielte Richterzuweisung kann als Willkür angesehen werden“, hieß es in einem der Anträge.
Die einzige Frau unter den Angeklagten, Maria K., räumte ein, sie habe Schuld auf sich geladen. Persönliche Erklärungen waren allerdings zu diesem Zeitpunkt vom Senat noch nicht vorgesehen und wurde von den Nebenklägern kritisiert.
Höchste Sicherheitsvorkehrungen
Der Prozess findet unter höchsten Sicherheitsvorkehrungen in einer künftigen zentralen Flüchtlingsunterkunft statt, die für 5,5 Millionen Euro umgebaut wurde. Für Irritation sorgte am Morgen des ersten Verhandlungstages eine Mitteilung der Polizei, dass zwei Sprengstoffhunde vor dem Sitzungssaal angeschlagen hätten. Bei der Untersuchung des Gerichtsgebäudes war kein Sprengstoff entdeckt worden. Als Ursache wird ein Gummipflegemittel vermutet, das in den Toiletten verwendet wurde. Der Prozess startete schließlich mit etwa 20-minütiger Verzögerung.
Der Terrorprozess von Dresden gehört bundesweit zu den größten Prozessen überhaupt. Bis Ende September sind mehr als 60 Verhandlungstage angesetzt. 90 Zeugen sollen gehört werden. Mit der „Gruppe Freital“ wird inzwischen gegen die dritte rechtsradikale Terrorvereinigung in Deutschland verhandelt. Neben dem immer noch laufenden NSU-Prozess in München, wo zehn Morde, zwei Sprengstoffanschläge und 15 Raubüberfälle aufgeklärt werden sollen, müssen sich – ebenfalls in München – vier rechte Mitglieder der „Oldschool Society“ verantworten. Sie sollen sich ebenfalls zu Terroranschlägen verabredet und tödliche Sprengsätze gebaut haben. (epd/mig) Aktuell Recht
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