Europäischer Gerichtshof
Arbeitgeber dürfen Kopftuch unter Bedingungen verbieten
Hüben Religionsvertreter, Menschenrechtler und eine staatliche Antidiskriminierungsstelle - drüben Arbeitgeber und ein CSU-Politiker: Die Kopftuch-Urteile des Europäischen Gerichtshofs stoßen auf ein geteiltes Echo.
Mittwoch, 15.03.2017, 4:25 Uhr|zuletzt aktualisiert: Montag, 20.03.2017, 17:38 Uhr Lesedauer: 3 Minuten |
Ein Arbeitgeber darf einer Muslimin unter bestimmten Umständen das Kopftuch verbieten. Allerdings darf ein solches Verbot nicht nur auf Symbole des muslimischen Glaubens zielen und auch nicht einfach deshalb verfügt werden, weil sich Kunden an dem Kopftuch stören. Das geht aus zwei am Dienstag in Luxemburg verkündeten Urteilen des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zu Fällen aus Frankreich und Belgien hervor, die eine neue Diskussion um Religionsfreiheit und Diskriminierung entfachten. (AZ: C-188/15 und C-157/15)
In Belgien ging es um Samira Achbita, die bei einer Firma für Sicherheits- und Rezeptionsdienste beschäftigt war. Sie hatte nach EuGH-Angaben bereits drei Jahre dort gearbeitet, als sie 2006 darauf bestand, künftig mit einem Kopftuch zur Arbeit zu kommen. Daraufhin wurde ihr gekündigt. Das Unternehmen berief sich auf eine interne Unternehmensregel, wonach das Tragen sichtbarer religiöser, politischer und philosophischer Zeichen bei der Arbeit generell verboten sei. Nach Ansicht der Luxemburger Richter kann eine solche Vorschrift durchaus rechtens sein, wenn sie der „Verfolgung einer Politik der politischen, philosophischen und religiösen Neutralität“ dient.
In Frankreich hatte Asma Bougnaoui von 2008 an als Softwaredesignerin für eine IT-Firma gearbeitet, wie der EuGH erklärte. Dabei beschwerte sich eine Kundenfirma über ihr Kopftuch. Wegen ihrer Weigerung, das Kleidungsstück bei künftigen Kundenbesuchen abzulegen, wurde Bougnaoui 2009 entlassen. Der EuGH urteilte nun, dass der Wille des Arbeitgebers, derartigen Kundenwünschen zu entsprechen, „nicht als eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung“ angesehen werden könne. Daher rechtfertige dies allein ein Kopftuchverbot nicht. Sollte allerdings ähnlich wie im belgischen Fall eine Unternehmensregel die weltanschauliche Neutralität festlegen, könnte das Verbot wie dort rechtmäßig sein, erklärte der Gerichtshof.
Muslime enttäuscht
Die französische und die belgische Justiz müssen nun im Lichte der EuGH-Urteile die Prozesse abschließen. Zugleich binden diese bei ähnlichen Fällen auch die Justiz aller anderen EU-Länder.
Der Zentralrat der Muslime in Deutschland (ZMD) äußerte sich enttäuscht. „Wenn Frauen sich zwischen ihrer religiösen Überzeugung und ihrer beruflichen Tätigkeit entscheiden müssen, sind die Diskriminierungsverbote, die Gleichbehandlungsgebote und die individuellen Freiheitsrechte, die das Fundament europäischer Verfassungen und Gesetzgebungen verkörpern, nicht das Papier wert auf dem sie stehen“, erklärte der ZMD in Köln.
Antidiskriminierungsstelle äußert Kritik
Kritik äußerte auch die Antidiskriminierungsstelle des Bundes in Berlin. Es könne „für muslimische Frauen, die ein Kopftuch tragen, in Zukunft noch schwerer werden, in den Arbeitsmarkt zu kommen“, erklärte die staatliche Stelle. Das Brüsseler Büro der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) kritisierte, der EuGH verkenne die Religionsfreiheit. Religion sei „mehr als ein Aspekt privater Lebensführung“, wie es der EuGH in seinen Ausführungen implizit unterstelle, sagte die Leiterin des Büros, Katrin Hatzinger, dem Evangelischen Pressedienst (epd). Amnesty International bemängelte, die Richtersprüche eröffneten Arbeitgebern mehr Spielraum für religiöse Diskriminierung.
Die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) nannte die Urteile hingegen richtig. „Arbeitgeber müssen eine Arbeitsordnung erlassen können, die politische, philosophische oder religiöse Neutralität gegenüber den Kunden gewährleistet.“ Der CSU-Europapolitiker Manfred Weber erklärte: „In Europa gelten die Werte Europas. Deshalb ist es richtig, dass Arbeitgeber das Tragen von Kopftüchern am Arbeitsplatz unter bestimmten Umständen untersagen können.“ (epd/mig) Leitartikel Recht
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Kopftuch tragen, ein Kreuz auf der Brust tragen und Kippa tragen haben nichts mit der Religion an sich zu tun, sondern sind nur ein sichtbares Zeichen, das einzelne Menschen sich anziehen um sich als einer bestimmten Gruppe/Kultus zugehörig zu äußern. Keines dieser Accessoires muss getragen werden um seine Religion in vollem Umfang ausleben zu können. Ich glaube nicht, dass der Arbeitgeber auf individuelle Auslegungen einer Religion eingehen muß. Ansonsten gäbe es tatsächlich Diskriminierung, nämlich einer der Mehrheit, die sich nicht anmaßen aus ihrer Religion/Weltsich heraus Sonderwünsche zu formulieren. Menschen mit Religion dürfen Menschen ohne Religion ggü. nicht privilegiert werden. Ich hätte als Arbeitgeber auch keine Lust einen Pastafari mit Nudelsieb auf dem Kopf im Empfang sitzen zu haben (siehe Urteil in Österreich). Es wird Muslimen nicht mehr zugemutet sich zu integrieren als den bereits angepassten „Einheimischen“.
Das Gericht hat geurteilt, dass keine Diskriminierung vorliegt, dann ist das auch so… einfach mal akzeptieren ohne Vorwürfe zu formulieren.
Als Mann kann ich nur schwer für die Frauen sprechen. Aber auch ich als Mann trage meistens Kopftuch, weil ich kälteempfindlich bin. Ein Kopftuch ist bequemer, da es nicht so drückt wie eine steife Mütze und nicht so leicht herunterfällt und man ihm jede gewünschte Form geben kann. In europäischen Ländern würde man das Kopftuch für Männer vermutlich als ein religiöses „Symbol“ für den Islam einstufen, obwohl es in Ländern wie Palästina, Jordanien, Syrien und dem Irak auch von Christen und im Jemen auch von den wenigen dort verbliebenen Juden getragen wird – oder ein „Symbol“ für das Arabertum, obwohl es in jenen Ländern auch von ethnischen Minderheiten, wie den Tscherkessen und Tschetschenen, getragen wird.
Der verstorbene österreichische bildende Künster Ernst Fuchs trug meistens eine nepalesische Mütze. Das war seine persönliche Note, aber man sah diese bei ihm nicht als ein „Symbol“ für den Hinduismus an.
Vermutlich würde ich dem Arbeitgeber vorschlagen, mir eine neutrale Dienstmütze zu geben, wenn er mir nicht meine persönliche Note lassen will.
@Farraday:
Sie gehören anscheinend auch zu jener Mehrheit, die Integration (unversehrte Aufnahme eines neuen Teils in ein bestehendes Ganzes) mit Assimilation (Angleichung unter Aufgabe wesentlicher Eigenheiten) verwechselt. Wenn man zu den Leuten sagt, sie müßten sich „integrieren“, damit jedoch meint, sie müßten sich assimilieren, kann wirkliche Integration nicht funktionieren.
Es ist perfide, Diskriminierung durch Gerichtsurteile zu sanktionieren und dann zu behaupten, es sei keine Diskriminierung. Solche Urteile befördern die Bildung einer muslimischen Parallelgesellschaft. Immer mehr Immigranten und deren Nachkommen sind nicht mehr Arbeitnehmer, sondern als selbständige Unternehmer auch Arbeitgeber, und diese Diskriminierung führt dazu, daß die wegen ihres Andersseins abgelehnten muslimischen Arbeitssuchenden verstärkt nach muslimischen und auch toleranten nichtmuslimischen Arbeitgebern suchen oder nach einem Weg, sich als Selbständige ihren Unterhalt zu verdienen. Mit anderen Worten: durch dieses unkluge Verhalten verlieren die intoleranten Arbeitgeber z. T. qualifizierte und motivierte Arbeitsuchende an die Konkurrenz der Parallelgesellschaft, was auf lange Zeit zu deren Wachsen und Erstarken und zum Austrocknen der alten Gesellschaft führt. Diese wird dann mit ihren vorgeblichen Werten u. a. deshalb untergehen, weil sie nicht imstande ist, sich auf neue veränderte Situationen einzustellen, in diesem Falle das vermehrte Auftreten muslimischer Arbeitssuchender, die nicht bereit sind, um materieller Vorteile willen ihre muslimische Identität aufzugeben. Warten wir’s ab.
@ Karakal
Verzerrte Wahrnehmung: Nicht das Tragen eines Kopftuchs oder Schals oder einer Mütze ist verboten in der Firma, Sondern das Tragen eines religiösen Symbols. Riesiger Unterschied. Die Kippa wäre genauso verboten wie das Kopftuch.
Das Urteil ist nur folgerichtig, da es alle Religionen betrifft.
@karakal
Ich habe den Eindruck Sie haben eher Probleme damit zu verstehen, was Integration bedeutet. Wenn ich nämlich mit meiner Sichtweise falsch läge, dann hätte das Gericht doch wohl anders entschieden…
Für mich ist es ganz einfach definiert:
Integration = Teilanpassung
Assimilation = Totalanpassung.
Beides ist legitim, je nach Dauer des Aufenthalts auch normal. Was nicht geht ist, dass man nach Deutschland einwandert und glaubt das gleiche Leben wie im Herkunftsland führen zu können. Was an sich schon widersprüchlich wäre, da man seine Entscheidung zum Auswandern an sich schon in Frage stellt. Ihre Definition von Integration bedeutet schlussendlich, dass niemand sich anpassen müsste und genau diese Einstellung erzeugt Parallelgesellschaften und Konflikte, wie es ja offensichtlich gerade der Fall ist in Deutschland. Sie unterstützen den Status quo.
Die Deutschen müssen sich nicht den Einwanderern anpassen, sondern der Einwanderung an sich. Sie müssen die Ankommenden schon gleichberechtigt behandeln und auf diese zugehen und eventuell anfangs noch vorhandene Defizite (Sprache, Umgang,…) akzeptieren und lernen damit umzugehen. Man sollte das aber bitte nicht so umdeuten, dass die Deutschen alles akzeptieren müssen, was die Einwanderer für Gewohnheiten und kulturellen Eigenheiten mitbringen, manches davon ist OK/tolerierbar, manches ist bereichernd und manches geht einfach gar nicht. Was geht und was nicht bestimmen nicht die Ankommenden.
Ein- bzw. Auswandern ist für jede einzelne Person ein Experiment und mit Risiken verbunden, für die man Deutschland nicht verantwortlich machen kann, wenn es schief geht. Es gibt kein Recht auf Erfolg. Es ist in Deutschland vor allem bei muslimischen Einwanderern zu einem Reflex geworden für jeden Misserfolg Deutschland die Schuld in die Schuhe zu schieben, dabei ist allein wegen dem großen kulturellen Unterschied schon eine gewisse Durchfallquote vorprogrammiert. Man muss dann auch irgendwann mal loslassen können und andere Träume träumen…
Meine These: Das Kopftuch oft ist eher ein allgemein kulturelles, denn ein religiöses Signum, insofern kommt ein Kopftuchverbot einem Kulturverbot näher als einem Verbot religiöser Selbstidentifikation …
3 grundsätzliche Anmerkungen:
1. Wir haben auch ein Recht auf negative Religionsfreiheit. Das heißt, es ist in Deutschland nicht verboten und damit auch kein Rassismus, religiöse Ausdrucksformen rundweg abzulehnen.
2. Nach westlichen Maßstäben wirkt das Bedeckungsgebot in seiner Kompromisslosigkeit ziemlich zwangsneurotisch. Und Zwangsneurotiker sind nun mal keine besonders begehrten Mitarbeiter.
3. Es gibt inzwischen genügend muslimische Arbeitgeber, die den religiösen Besonderheiten gegenüber doch aufgeschlossener sein müssten.
FAZIT: Wen ein Arbeitgeber nicht beschäftigen will, den wird er auch nicht (auf Dauer) beschäftigen, daran werden auch 100 Kampagnen und Gesetze nichts ändern.
.
PS: Das oben geschriebene gilt auch für andere Orthodoxe.
Ich hatte einmal mit einer evangelikalen Mitarbeiterin zu tun.
Seither kann ich mir mein Arbeitsleben auch ohne religiöse Bereicherung vorstellen.
ach herrje die Frauen die ein Kopftuch tragen haben meiner Meinung selbst schuld
denn sie machen sich leicht zur beute von diskriminierung
allerdings dürfen wir nicht vergessen,dass hierzulande immer noch oft menschen diskriminiert werden wegen Namen oder aussehen
und dabei ist es egal ob sie gut sind oder nicht
Meine ehemalige Schulfreundin HELEN hatte stets sehr gute Noten und war Klassensprecherin und nach Ausbildung und Studium jahrelang ohne job