Melanie Zakri
Das Problem der Berufsanerkennung
Wer im Ausland ausgebildet wurde, braucht für die Arbeit in Deutschland oft noch zusätzliche Qualifikationen. Vielerorts fehlen dafür noch Strukturen. Ein Dortmunder Pilotprojekt will ausländische Pflegekräfte für deutsche Krankenhäuser fitmachen.
Von Melanie Zakri Montag, 21.08.2017, 4:25 Uhr|zuletzt aktualisiert: Donnerstag, 24.08.2017, 15:48 Uhr Lesedauer: 3 Minuten |
Berina Memagich ist vor zwei Jahren nach Deutschland gekommen, um in der Krankenpflege zu arbeiten. In ihrem Heimatland Mazedonien hat die sie schon eine vierjährige Ausbildung zur Krankenschwester gemacht. Die wird in Deutschland aber nicht vollständig anerkannt. „Die Ausbildung bei uns zu Hause ist teilweise einfach anders“, sagt die 25-Jährige.
So wie Berina Memagich geht es Vielen, die in Deutschland weiter in ihrem Beruf arbeiten wollen. 2016 haben laut Statistischem Landesamt in Nordrhein-Westfalen über 6.300 Menschen Anträge zur Anerkennung ihres ausländischen Berufsabschlusses gestellt. Im Vorjahr waren es noch 20 Prozent weniger. Nur bei der Hälfte der Anträge wurde der Beruf problemlos anerkannt. Wegen fachlichen Unterschieden in der Ausbildung müssen viele noch zusätzliche Qualifikationen erwerben. Ein großer Teil der Anträge betrifft medizinische Berufe wie Ärzte, Krankenpfleger und Physiotherapeuten.
Anerkennungsgesetz – Defizite in der Umsetzung
Berina Memagich hatte in Bad Oeynhausen über den Bundesfreiwilligendienst bereits ein Jahr lang in einem Krankenhaus gearbeitet. „Danach wurde ich dort als Pflegehilfe übernommen“, erzählt die 25-Jährige. Um aber wieder als vollwertige Krankenschwester arbeiten zu können, musste sie ihre Ausbildung bei der Bezirksregierung anerkennen lassen. Das bedeutete für sie zunächst einmal: Warten. Nach sechs Monaten bekam sie ihren Bescheid. Um in Deutschland als Krankenschwester arbeiten zu dürfen, solle sie noch 400 zusätzliche Stunden in Theorie, ambulanter Versorgung und in der Psychiatrie absolvieren.
Doch dafür brauchte sie eine geeignete Pflegeschule. „Ich habe 20 Schulen in NRW angerufen, aber alle sagten mir, sie könnten das nicht leisten“, erinnert sich Memagich. NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) kennt diese Probleme. „Deutschland hat sich bei der Anerkennung von Berufsabschlüssen in den letzten Jahrzehnten nicht mit Ruhm bekleckert“, sagt er. Einwanderer haben seit dem Inkrafttreten des Anerkennungsgesetzes vor fünf Jahren einen Rechtsanspruch auf die Überprüfung und Bewertung ihrer beruflichen Qualifikation. In der Umsetzung gebe es aber noch Defizite, erklärt Laumann.
Plötzlich ging alles schnell
Für Memagich blieb deshalb nur der Umzug. „Eigentlich wollte ich in Bad Oeynhausen bleiben, weil mir dort eine Arbeit nach der Anerkennung angeboten wurde“, sagt sie. Den notwendigen Anpassungslehrgang fand sie jedoch nur in Dortmund. An der dortigen Schule für Gesundheits- und Pflegeberufe läuft seit Mai 2017 in enger Abstimmung mit dem Gesundheitsministerium ein Pilotprojekt zur Nachqualifizierung ausländischer Pflegekräfte. Dort ging dann plötzlich alles ganz schnell. In nur dreieinhalb Monaten holte sie die nötigen Qualifizierungen nach und fand sofort nach bestandener Prüfung eine Festanstellung am Dortmunder St. Johannes-Hospital.
Für den Geschäftsführer der Pflegeschule, Carsten Drude, ist Memagich „ein gutes Beispiel dafür, was mit der richtigen Förderung möglich ist“. Zurzeit durchlaufen insgesamt 18 Pfleger und Pflegerinnen aus dem EU- und Nicht-EU-Ausland einen Anpassungskurs an der Dortmunder Schule. Der beinhaltet auch einen Deutschkurs, in dem sie auch fachspezifisches Vokabular aus der Pflege lernen.
Kombination aus Ausbildung und Integration
Das Besondere an dem Konzept sei die Kombination aus Ausbildung, Integration und finanziellem Unterhalt, betont Drude. Für die Kursteilnehmer ist es eine erhebliche Erleichterung, dass sie während der Schulung ein Lehrlingsgehalt bekommen. Finanzierung dafür bekommt die Pflegeschule vom Förderprogramm „Integration durch Qualifizierung“ (IQ), das durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales und den Europäischen Sozialfonds gefördert wird.
Da die Kursteilnehmer in Dortmund aus vielen verschiedenen Ländern kommen, war es für die Dortmunder Pflegeschule zunächst eine Herausforderung einen Lehrplan zu entwickeln. Das sei nicht einfach gewesen, sagt Drude. Es gebe aber eine gewisse Schnittmenge an fachlichem Wissen, das alle Teilnehmer noch bräuchten. „Wir können im Kurs Teilnehmer mit einem Defizit von bis zu 500 Stunden gut betreuen.“ Alle anderen werden in Dortmund aber auch fündig: Sie können im zweiten Lehrjahr einer regulären Ausbildung einsteigen. (epd/mig) Leitartikel Panorama
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