Zwar ist in Deutschland die Zahl der Visa zum Familiennachzug gestiegen. Mehrheitlich wurden diese aber nicht an Angehörige von Flüchtlingen vergeben. Diese müssten oft lange Wartezeiten hinnehmen, kritisiert die Linken-Abgeordnete Clara Bünger.
Ein Vater zweier Kinder sollte erst aus Deutschland nach Äthiopien ausreisen, um dort ein Familiennachzug-Visum für die Wiedereinreise nach Deutschland zu beantragen. Das Bundesverfassungsgericht schob dieser Ausländerbehörden-Praxis jetzt einen Riegel vor: Unverhältnismäßig, entschieden die Richter – und noch mehr.
Fluchtmigration zieht seit Jahren die größte Aufmerksamkeit auf sich. OECD zufolge macht sie aber nur einen kleineren Teil der Migration insgesamt aus, auch Arbeitsmigration ist von nachgeordneter Bedeutung. Mit großem Abstand steht die EU-Binnenmigration an erster Stelle.
Zwei Wochen vor den Wahlen in Bayern und Hessen verschärft sich der Ton in der Migrationsdebatte. Innenministerin Faeser kündigt Gesetze für mehr Rückführungen an und schließt Änderungen beim Familiennachzug derzeit aus. Der Union reicht das nicht.
Zehntausende Angehörige von in Deutschland lebenden Geflüchteten hoffen auf eine Erlaubnis zum Familiennachzug. Das Auswärtige Amt registriert einen starken Anstieg der Terminanfragen für Plätze im dafür vorgesehenen Kontingent.
In mehreren Anläufen hatte die Regierung in Den Haag um eine restriktivere Migrationspolitik gerungen. Statt eines typisch niederländischen Kompromisses kommt nach einer Krisensitzung nun der Knall. Von Annette Birschel und Michael Evers
Seit dem Anstieg der Flüchtlingszahlen ab 2015 ist der Familiennachzug eingeschränkt. Die Bundesregierung vereinbarte im Koalitionsvertrag, zu dem früheren Rechtsanspruch zurückzukehren. Hilfsorganisationen fordern Taten. Bisher glänze die Regierung mit Verzögerung.
Mehr als 13.000 Menschen haben im vergangenen Jahr kein Visum für den Ehegattennachzug erhalten, weil sie durch den Sprachtest gefallen sind. Das teilt die Bundesregierung mit. Linke Politikerin Akbulut kritisiert die Sprachanforderungen. Sie seien „sozial selektiv“.
Laut Ampel-Koalitionsvertrag soll der Familiennachzug zu Geflüchteten erleichtert werden. Davon will FDP-Parlamentsgeschäftsführer Thomae jetzt abrücken. Grund: Viele Ukrainer in Deutschland. Die SPD will am Vertrag festhalten.
Die Bundesregierung verspricht Verfahrensbeschleunigung, tatsächlich wird der Stapel unbearbeiteter Visum-Anträge von Afghanen für den Familiennachzug nach Deutschland aber immer höher. Linke-Politikerin Bünger kritisiert: Beim derzeitigen Tempo dauert die Abarbeitung vier Jahre.