Die Justiz ist unabhängig. Das ist ein eherner Grundsatz. Doch ist das Bundesverfassungsgericht tatsächlich hinreichend gegen politische Einflussversuche geschützt? Und was, wenn die AfD an die Macht kommt? Nun gibt es neue Gespräche.
Deutsche Gerichte prüfen Rassismus selten, mitunter reproduzieren sie ihn sogar. Carolin Stix hat Entscheidungen aus 20 Jahren untersucht und große Defizite festgestellt. Im MiGAZIN-Gespräch nennt sie haarsträubende Beispiele, erklärt, welche Handlungsbedarfe es gibt und was Rassismus in der Justiz für das Zusammenleben bedeutet. Von Ekrem Şenol
Vor zehn Jahren überfielen Rechtsextremisten eine Kirmesfeier in Ballstädt. Die Betroffenen prägt die Attacke bis heute. Aber auch in der Thüringer Justiz hat die Aufarbeitung Spuren hinterlassen – nach einem umstrittenen Deal zwischen Gericht, Staatsanwaltschaft und Neonazis. Von Sebastian Haak
48 Jahre, einen Monat und 18 Tage lang wurde Glynn Simmons für einen Mord weggesperrt, den er nicht begangen hat. Nun wurde er freigesprochen - und steht krank und mittellos in einer Welt, die er kaum wiedererkennt. Von Jörg Vogelsänger, Gaby Mahlberg und Benno Schwinghammer
Ist der Verfassungsschutz ein zahnloser Tiger? Ein Gericht in Sachsen entscheidet zugunsten eines Veranstalters von „Rechtsrock“-Konzerten, weil Erkenntnisse des Geheimdienstes – Hitlergrüße und Sieg-Heil-Rufe - in dem betreffenden Verfahren nicht verwendet werden dürfen.
Seit eineinhalb Jahren ist der rechtsextreme sächsische Richter Jens Maier unfreiwillig im Ruhestand. Laut dem Karlsruher Dienstgericht soll das so bleiben. Die Revision des früheren AfD-Bundestagsabgeordneten wurde abgewiesen.
Diesmal wird es ernst: AfD-Rechtsextremist Björn Höcke muss sich wegen einer Rede in Sachsen-Anhalt vor Gericht verantworten, weil er NS-Vokabular verwendet haben soll. Höcke spricht von einem „aus dem Zusammenhang gerissenen“ Halbsatz. Von Stefan Hantzschmann und Simon Kremer
Schöffen spielen bei Gericht eine wichtige Rolle. Immer öfter sind Rechtsextremisten darunter. Um das zu verhindern, soll nun das Richtergesetz geändert werden. Überlegungen aus den Ländern, etwa auch EU-Ausländer als Schöffen zuzulassen, sind dabei noch nicht berücksichtigt.
Neben ausgebildeten Juristen sitzen in Deutschland häufig auch gewählte Schöffen auf der Richterbank. Im Herbst steht in Baden-Württemberg deren Neuwahl an. Weil rechte Gruppen versuchen, eigene Kandidaten wählen zu lassen, verschärft der Landtag nun die Regeln.
Täglich werden in Deutschland mindestens fünf Menschen Opfer rechter oder rassistisch motivierter Gewalt. Oft tauchen diese Angriffe nicht auf in den offiziellen Statistiken. Opferberatungsstellen sehen auch Sicherheitsbehörden in der Pflicht.