Rund 20 deutsche Hilfsorganisationen haben an die EU appelliert, die Zusammenarbeit mit Libyen zu beenden. Dort würden Flüchtlinge unter grausamsten Bedingungen in Lagern und Gefängnissen festgehalten. "Ärzte ohne Grenzen" kritisiert, Europa lasse Schutzsuchende ertrinken.
Aus Angst vor Willkür und Inhaftierung weigern sich gerettete Flüchtlinge in Libyen an Land zu gehen. Sie harren seit Tagen auf einem Frachtschiff aus. Die Menschenrechtsorganisation "Ärzte ohne Grenzen" spricht von einer "großen Schande".
Seenotretter werfen Italien vor, Flüchtlinge auf offenem Meer im stich gelassen zu haben. Anstatt einzugreifen, habe man an die meist inaktive libysche Küstenwache verwiesen.
Die Blockade ziviler Rettungsschiffe bedeutet nicht nur mehr Tote im Mittelmeer. Die Kriminalisierung der zivilen Seenotretter dient auch dazu, der europäischen Öffentlichkeit vorzuenthalten, was auf dem Mittelmeer passiert. Von Laura Gey Von Laura Gey
Allein im Juni und Juli kamen laut UN mehr als 850 Flüchtlinge und Migranten ums Leben: Das Mittelmeer sei die weltweit tödlichste Seeroute. Das Flüchtlingshilfswerk fordert Konsequenzen.
Nach einem Monat sticht die "Aquarius" wieder in die See - die zivilen Seenotretter werden vor der Küste Libyens im Einsatz sein. Andere Schiffe werden noch in Europa festgehalten.
Seit einigen Wochen verwehrt Italien privaten Rettungsschiffen mit Flüchtlingen die Einfahrt. Jetzt will Rom auch keine Migranten mehr aufnehmen, die von der EU-Mission "Sophia" gerettet wurden. Merkel fordert eine europäische Lösung.
Seit knapp einem Monat gehen Italien und Malta gegen die privaten Seenotretter im Mittelmeer vor. Die EU arbeitet mit Syrien zusammen. Laut Helfern hat dies tödliche Folgen. Im Juni starben fast 700 Menschen auf See. Expertin: "Libysche Küstenwache in Menschenschmuggel involviert".
Die Pläne der Europäischen Union, Flüchtlingszentren in afrikanischen Staaten aufzubauen, stößt beim Osnabrücker Migrationsforscher Jochen Oltmer auf scharfe Kritik. So würden Flüchtlinge nicht mehr im Mittelmeer ertrinken, sondern in der libyschen Wüste verdursten. Von Martina Schwager
Noch tagelang müssen die mehr als 600 von der "Aquarius" aus Seenot geretteten Flüchtlinge auf dem Meer ausharren, bevor sie in Spanien in einen sicheren Hafen gelangen. Der Crew der "Sea-Watch" sind derweil vor Libyen ebenfalls die Hände gebunden.